Divertikelkrankheit (Divertikulose, Divertikulitis) – Krankheitsbild und Ernährungstherapie

Der Einfluss der Ernährung auf die Entstehung von Divertikeln und vor allem auf das Auftreten von Komplikationen wirft noch viele Fragen auf. Die empfohlene Ernährungsweise bei Divertikulose unterscheidet sich mitunter stark von der bei einer Entzündung der Divertikel. Es gibt jedoch keine evidenzbasierten Ernährungsempfehlungen für die Therapie – die Empfehlungen beruhen auf Erfahrungen und wissenschaftlichen Schlussfolgerungen. Mitunter beeinflussen zudem von der Erkrankung unabhängige Begleiterscheinungen die Ernährungsempfehlungen. Hierzu zählen zum Beispiel Übergewicht und Adipositas, Bluthochdruck, Unverträglichkeiten und Allergien gegen Lebensmittel oder auch chronische Entzündungen.

Krankheitsbild Divertikelkrankheit im Überblick

Definition und Häufigkeit

Eine Divertikulose bezeichnet das Auftreten zahlreicher sackförmiger Ausstülpungen (= Divertikel, lateinisch: Abweg, Abweichung) der Dickdarmschleimhaut in Bereichen kleiner Muskellücken. Divertikel an sich können im gesamten Verdauungstrakt vorkommen, insbesondere in der Speiseröhre, im Jejunum und im Dickdarm.

Für die klinische sowie ernährungstherapeutische Praxis sind jedoch in erster Linie Divertikel des Dickdarms (Kolondivertikulose) relevant. Hierbei handelt es sich in der Regel um Pseudodivertikel, bei denen die Ausstülpungen lediglich von der Schleimhaut und nicht von der gesamten Darmwand gebildet werden. Durch Entzündung eines oder mehrerer Divertikel entsteht eine behandlungsbedürftige Divertikulitis.

Ursachen und Risikofaktoren

Trotz des hohen Vorkommens von Kolondivertikeln in der Bevölkerung und zahlreichen Forschungsdaten, wird über die Ursachen weiterhin nur spekuliert. Nach der in medizinischen Fachkreisen vorherrschenden Lehrmeinung entstehen Divertikel durch ein Zusammenspiel aus einem hohen Darminnendruck (insbesondere bei chronischer Verstopfung) und einer geschwächten Darmwand.

Einige Autoren betrachten diese Vorstellung mit Blick auf die Erkenntnisse der letzten Jahre jedoch zunehmend kritisch. So legt Spiller beispielsweise in einem neuen Erklärungsansatz über die Ursachen der Divertikelbildung den Fokus verstärkt auf Veränderungen der Darmwand. Da das Phänomen mit zunehmenden Jahren gehäuft auftritt, kommen für ihn vor allem ein geschwächtes Bindegewebe, eine nachlassende Elastizität und eine verminderte nervale Versorgung als Ursachen in Frage. Hinweise darauf gibt es bislang allerdings nur aus Untersuchungen an Tieren [Spi 2015].

Auf Grundlage neuerer Beobachtungen aus epidemiologischen Studien, wonach Obstipation seltener mit dem Auftreten von Divertikeln verbunden ist, vermutet er zudem einen mikrobiotischen Einfluss. Bislang ging die Wissenschaft davon aus, dass die geringe Divertikulose-Prävalenz in afrikanischen und asiatischen Ländern mit dem hohen Ballaststoffverzehr und den damit einhergehenden größeren Stuhlvolumina sowie dem geringeren Darminnendruck zusammenhängt. Da sich der Einfluss einer Obstipation neuzeitlich nicht bestätigen konnte, spekuliert Spiller, dass die offensichtlich ungünstige „westliche“ Ernährungsweise zu einer veränderten Darmflora beiträgt. Diese wiederum könnte für verschiedene Symptome der Divertikelkrankheit bzw. auch für den Übergang zu einer Divertikulitis mitverantwortlich sein. Der protektive Einfluss einer pflanzlichen Kost könnte sich somit auch über positive Veränderungen der Bakterienzusammensetzung im Dickdarm erklären. Bislang ist aber nur an Tieren bestätigt, dass eine fleisch- und milchprodukt-betonte Ernährung zu einer verstärkten Ansiedlung ungünstiger bzw. pathologischer Keime führt [Spi 2015].

Darmwandstabilität

Da das Phänomen mit zunehmenden Jahren gehäuft auftritt, kommen auch ein geschwächtes Bindegewebe, eine nachlassende Elastizität und eine verminderte nervale Versorgung als Ursachen infrage. Hinweise darauf gibt es bislang allerdings nur aus Untersuchungen an Tieren [Spi 2015].

Nach der in medizinischen Fachkreisen vorherrschenden Lehrmeinung entstehen Divertikel durch ein Zusammenspiel aus einem hohen Darminnendruck (insbesondere bei chronischer Verstopfung) und einer geschwächten Darmwand.

Die Darmwand ist von Kollagenfasern durchzogen, die dem Organ Elastizität verleihen und eine Anpassung an das Stuhlvolumen ermöglichen. Patienten mit Divertikulose weisen ein verstärktes „cross-linking“ (Quervernetzungen) der Kollagenfasern auf, wodurch die Dehnbarkeit des Darms beeinträchtigt wird [Wes 1995]. In der Folge können veränderte Stuhlvolumina schlechter ausgeglichen werden, was zu einem Anstieg des Darminnendrucks führt. Derartige Kollagenvernetzungen nehmen etwa ab dem 40. Lebensjahr zu. Das entspricht auch dem Alter, ab dem die Divertikulose-Häufigkeit zunimmt. Der ansteigende Darminnendruck stimuliert wiederum die Kollagenbildung, wodurch die Darmwand weiterhin an Elastizität verliert. Spezielle Enzyme (Metalloproteinasen), die am Ab- bzw. Umbau der Kollagenfasern beteiligt sind, kommen zudem bei Betroffenen in höheren Mengen vor und begünstigen Veränderungen der Darmwandbeschaffenheit [Mim 2004].

Einen Beleg, dass Bindegewebsveränderungen ein entscheidender Faktor für die Divertikelbildung sind, zeigen auch seltene Generkrankungen wie das Williams-Beuren-Syndrom oder das Ehlers-Danlos-Syndrom. Bei beiden Syndromen liegen Defekte in Genabschnitten vor, die für die Bildung von Elastin bzw. von Kollagen verantwortlich sind. In der Folge leiden die Betroffenen schon in jungen Jahren, zum Teil bereits in der Kindheit an einer Divertikelkrankheit [Spi 2015].

Umweltbedingungen

Weitere Hinweise auf den starken Einfluss von Umweltbedingungen liefert die Beobachtung, dass die Divertikelkrankheit bei Emigranten aus Ländern mit niedriger Divertikulose-Prävalenz in industrialisierten Ländern häufiger vorkommt. Die Häufigkeit steigt zudem mit der Länge ihres Aufenthaltes [Hje 2006]. Allerdings lässt sich diese Entwicklung nicht allein auf eine an westliche Verhältnisse angepasste Ernährungsweise zurückführen. Auch andere Lebensstilfaktoren wie Rauchen, mangelnde Bewegung, die Höhe des Einkommens und eine höhere Lebenserwartung kommen als Einflussfaktoren infrage.

2013 sorgte eine Studie von Perry und seinen Kollegen für Aufsehen in der Fachwelt, die zu dem Schluss gelangte, dass ein niedriger Ballaststoffkonsum sowie Obstipation keinen Einfluss auf das Divertikulose-Risiko hätten. Die Autoren unterzogen die Studienteilnehmer einer Koloskopie und befragten sie gleichzeitig zu ihren Ernährungs- und Stuhlgewohnheiten. Weder war ein hoher Ballaststoffkonsum mit einem geringeren Divertikel-Vorkommen noch häufige Verstopfungen mit einem höheren Risiko verbunden [Pee 2013]. Anzumerken ist allerdings, dass retrospektive Untersuchungen immer nur die aktuelle Situation betrachten. Wann die Teilnehmer die Divertikel entwickelten; ob die Divertikulose schon länger bestand und ob möglicherweise andere Ernährungsgewohnheiten in der Vergangenheit die Bildung begünstigten, ist rückwirkend schwer einschätzbar. Auf der anderen Seite wirkte sich ein hoher Ballaststoffkonsum in einer großen, prospektiven Studie positiv auf die Wahrscheinlichkeit aus, eine Divertikulitis zu entwickeln [Cro 2014]. Die gängigen Empfehlungen zu einer ballaststoffreichen Ernährung haben somit auch weiterhin einen hohen Stellenwert.

Alter

Aufgrund der zunehmenden Prävalenz im Alter herrscht allgemein hin Einigkeit darüber, dass altersbedingte Prozesse eine Rolle bei der Entstehung von Divertikeln spielen. Einige Autoren sehen die Divertikulose als eine degenerative Erkrankung, die sich vor allem durch den Verlust an Stützgewebe und eine nachlassende nervale Versorgung entwickelt [Spi 2015]. Mit dem Alter nimmt die Elastizität der Darmwand ab, wodurch sich die Wahrscheinlichkeit für Ausstülpungen erhöht. Einige Studien liefern zudem Hinweise auf eine schlechtere Reizweiterleitung, wodurch die Peristaltik zunehmend geschwächt wird [Gol 2003]; [Gol 2007].

Ernährungsgewohnheiten

Insgesamt scheint vor allem die Kombination aus mehreren ungünstigen Verhaltensweisen das Risiko für eine Divertikulitis zu erhöhen (z. B. niedrige Ballaststoffzufuhr, hohe Fettzufuhr, viel rotes Fleisch).

Formen

Divertikel können sich an verschiedenen Stellen des Gastrointestinaltrakts ausbilden [Medical Tribune, 2021] [Fri 2021].

Am häufigsten kommen Divertikel im Kolon (Dickdarm) vor. Bei über 70-Jährigen liegt die Wahrscheinlichkeit bei etwa 60 %. Kolondivertikel können aufgrund einer Verdickung der Darmwandmuskulatur, eines gestörten Stoffwechsels des Binde­gewebes oder auch einer enterischen Neuropathie entstehen. Verschiedene Lebensstilfaktoren werden als Trigger diskutiert.

Seltener sind die Ausstülpungen in Dünndarm und Speiseröhre zu finden. Je nach Entstehungsmechanismus werden Pulsionsdivertikel (Pseudodivertikel) und Traktionsdivertikel unterschieden.

Pulsionsdivertikel entstehen aufgrund eines erhöhten intraluminalen Drucks, durch den die Schleimhaut durch die Muskelschicht gedrückt wird. Diese treten überwiegend in den Speiseröhrenenden auf.

Bei Traktionsdivertikeln wird die Darmwand durch Zug von außen, z. B. durch Narbenbildung, ausgestülpt. Diese treten in der mittleren Speiseröhre oder auch im Dünndarm auf. Im Dünndarm kann eine bakterielle Fehlbesiedlung ursächlich (beteiligt) sein.

Entstehung

Durch einen hohen Darminnendruck wird die Schleimhaut anfangs in die Muskellücken gedrückt. Im weiteren Verlauf tritt diese durch den Muskel hindurch und bildet Ausstülpungen, die über das Darmniveau hinausragen. Auf diese Weise entstehen etwa 0,5 bis 1 cm große Divertikel. Durch den umgebenden Muskel entsteht ein verengter Divertikelhals, der die Ablagerung von Darminhalt in den Divertikeln begünstigt.

Die vornehmliche Lokalisation im hinteren Teil des Dickdarms erklärt sich unter anderem durch

  • die erhöhte Dichte an versorgenden Arterien und damit an Muskellücken,
  • den erhöhten Innendruck sowie
  • die starke Peristaltik im Bereich vor dem Rektum [Wed 2014].

Welche Umstände im Einzelnen zu Divertikeln führen, ist nach wie vor nur lückenhaft verstanden. Wahrscheinlich tragen mehrere gleichzeitig vorliegende Prozesse wie eine verschlechterte Darmbewegung, mangelnde Ballaststoffzufuhr, Entzündungen und Kollagenveränderungen hierzu bei.

Entzündungen

Während ein Großteil der Betroffenen ein Leben lang beschwerdefrei bleibt, entzünden sich in etwa 10 bis 25 % der Fälle einzelne Divertikel durch Ablagerungen von Stuhl, groben Nahrungsmittelresten, Schleim und Eiter [Literatur in [Hal 2010]]. Da die Schleimhaut nicht dehnbar ist, kann diese leicht reißen, wodurch Mikroperforationen entstehen. Durch Ansiedlung von Bakterien entstehen lokale Entzündungsherde. Ob sich eine bestehende Divertikulose zu einer Divertikulitis weiterentwickelt, lässt sich nicht vorhersagen, da das Auftreten derartiger Entzündungen weder von der Anzahl noch von der Größe der Divertikel abhängt.

Entzündungen gehen zunächst von den Divertikeln selbst aus und können sich im Weiteren auf die umliegende Darmwand ausbreiten. Anhand einiger Strukturbesonderheiten der Kolondivertikel lässt sich ableiten, warum diese besonders anfällige für entzündliche Prozesse sind:

  • Durch die Ausstülpungen werden Blutgefäße mitgeführt, gespannt und dadurch komprimiert. Die daraus resultierende Minderdurchblutung der Schleimhaut schwächt das Gewebe im Bereich des Divertikels.
  • Der enge Divertikelhals begünstigt die Ablagerung von Stuhlresten in der Aussackung. Stuhlverhärtungen und Kotsteine können die Divertikelwand reizen und zu mikroskopischen Verletzungen führen. Gleichzeitig steigt durch die mangelnde Entleerung die Keimbelastung innerhalb des Divertikels.
  • Da Kolondivertikel lediglich von der Schleimhaut gebildet werden, sind diese sehr dünnwandig und anfällig für Perforationen [Wed 2014].

Verschiedene Funde der letzten Jahre legen zudem die Vermutung nahe, dass es sich bei der Divertikelkrankheit um eine chronische entzündliche Darmerkrankung handelt, die zu Beginn weitgehend mild verläuft und sich in einer ausgeprägten Divertikulitis manifestieren kann. Grundlage für diese Hypothese sind beispielsweise Nachweise einer chronischen Lymphozyteninfiltration in der Schleimhaut und einer verstärkten Zytokinproduktion bei der Divertikelkrankheit.

Symptome

Solange keine Komplikationen auftreten, verläuft die Erkrankung meist symptomfrei. Geht eine Divertikulose in eine symptomatische Divertikelkrankheit über, äußert sich dies in erster Linie durch Bauchschmerzen (typischerweise im linken Unterbauch und meist nach dem Essen), Blähungen oder einen Wechsel von Durchfall und Verstopfung. Das Beschwerdebild ähnelt oft dem eines Reizdarmsyndroms.

Häufige Symptome

Bei einer Divertikulitis ist die Wand des Darmdivertikels und oft die unmittelbare Umgebung (Peridivertikulitis) entzündet. Dies äußert sich in:

  • akuten, meist linksseitigen Unterbauchschmerzen (halten oft tagelang an)
  • schmerzhaften Darmentleerungen
  • veränderten Stuhlgewohnheiten (Verstopfung, teilweise im Wechsel mit Durchfall)
  • Fieber
  • Völlegefühl
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Herzrasen
  • einer veränderten Anzahl der weißen Blutkörperchen (Leukozytose)

Komplikationen und Folgeerkrankungen

Eine Divertikulitis ist behandlungsbedürftig, da bei Fortbestand die Gefahr besteht, dass die entzündete Divertikelwand geschwächt wird und platzt (Divertikelperforation ). Austretender Darminhalt könnte sich im umliegenden Gewebe ausbreiten und zu einer lebensbedrohlichen Bauchfellentzündung (Peritonitis) führen.

Kleinere Verletzungen (Mikroperforationen) begünstigen kleine Abszesse im umgebenden Fettgewebe und im Mesenterium. Zudem können Entzündungsprozesse zur Fistelbildung zu angrenzenden Organen wie der Harnblase, der Vagina oder des Dünndarms führen. Wiederkehrende Entzündungen begünstigen zudem die Narbenbildung in betroffenen Arealen und können auf Dauer zu einer Einengung (Stenose) des Darms führen.

Platzen Arterien in den Divertikeln, können vorübergehende oder regelmäßige Blutungen aus dem After auftreten. In den meisten Fällen hören diese von allein wieder auf. Dennoch sollte ein Arzt versuchen, die genaue Ursache zu ermitteln, da eine ernsthafte Darmperforation oder eine andere Erkrankung wie Krebsgeschwüre, Polypen oder Hämorrhoiden vorliegen kann. Blutungen der Divertikel treten häufiger im Zusammenhang mit einer rechtsseitigen Divertikulose auf, finden sich aber auch bei älteren Patienten gehäuft.

Adipositas

Übergewicht und Adipositas erhöhen das Risiko für Divertikel und Divertikelblutungen [DGVS 2013]. Präventiv wirksam ist hingegen die Gewichtsabnahme bei bestehendem Übergewicht – zumindest bei Frauen [Ma 2018].

Obstipation (chronische Verstopfung)

Entgegen der noch immer weit verbreiteten Annahme, gehen Darmverstopfungen (Obstipation) nicht mit einem erhöhten Risiko für eine Divertikulitis einher. Eine aktuelle Analyse zeigte sogar das Gegenteil: Personen, die weniger als einmal täglich Stuhlgang hatten, wiesen im Vergleich zu Personen mit einer Stuhlentleerung täglich ein um 39 % geringeres Divertikulitisrisiko auf. Personen, die mehr als einmal täglich Stuhlgang hatten, wiesen dagegen ein um 30 % höheres Risiko auf [Jov 2021]. Die Forschenden resümierten: „Der weiche Stuhl scheint ein Problem zu sein, nicht der harte.“

Diagnostik

Eine beschwerdefreie Divertikulose wird häufig zufällig während einer endoskopischen Untersuchung entdeckt. Zur Diagnose im Rahmen einer Divertikelkrankheit eignen sich bildgebende Verfahren, die neben den Divertikeln selbst auch Auswirkungen auf die Umgebung zeigen. Ein erstes Bild gibt die sonographische Untersuchung.

Die Computertomografie oder die Magnetresonanztomografie eignen sich besonders zur Quantifizierung der betroffenen Areale und der Diagnose von Fisteln. Durch eine Koloskopie sind entzündete Divertikel hingegen schlecht zu erkennen, da sich der Entzündungsherd meist außerhalb des Darms befindet. Bei der Blutuntersuchung zeigen sich erhöhte Entzündungsmarker wie des C-reaktives Proteins (CRP) und eine Leukozytose. Besonders bei älteren Patienten und Personen mit einem schwachen Immunsystem können diese Blutveränderungen jedoch nur mäßig bis gar nicht ausgeprägt sein. Im Stuhl lassen sich zudem erhöhte Calprotectinspiegel nachweisen.

Ernährungsziele und diätetische Prinzipien

Ernährungsziele

Primäres Ziel der Ernährungstherapie ist Beschwerdefreiheit. Bei akuten Formen steht das Abklingen der Symptome im Vordergrund. Mittel- und langfristig soll die Lebensqualität erhalten bzw. verbessert werden und eine neue Bildung sowie Entzündung bestehender Divertikel vermieden und hinausgezögert werden.

Diätetische Prinzipien

Divertikulose: Wissenschaftliche Studien zur Ernährung bei Divertikulose sind in nahezu allen Belangen widersprüchlich. An und für sich sind vorliegende Divertikel ohne Symptome nicht behandlungsbedürftig. Evidenzbasiert gibt es im Grunde nur 2 Empfehlungen, um Komplikationen zu vermeiden: eine ballaststoffreiche Ernährung und viel Flüssigkeit. Dies lässt sich gut über eine pflanzlich-betonte Kost realisieren.

Divertikulitis: Eine Divertikulitis ist im Gegensatz zur Divertikulose behandlungsbedürftig. Unkomplizierte Entzündungen können gegebenenfalls mittels Antibiotika, Nahrungskarenz, parenteraler Ernährung und Bettruhe behandelt werden. Bei erneuten Entzündungsschüben ist eine operative Entfernung des betroffenen Darmabschnitts mit anschließender angepasster Vollkost in Erwägung zu ziehen. Zeitlich befristet wird eine ballaststoffarme, fettarme Kost unter Berücksichtigung unverträglicher Nahrungsmittel empfohlen.

Mögliche Kostformen und Umsetzung

Allgemeines

Die Wahl der geeigneten Kostform kann von den PatientInnen selbst gewählt werden. Als besonders geeignet gilt eine ovo-lakto-vegetarische Ernährung.

Vegetarische Ernährung

Eine vegetarische Ernährungsweise mit einer hohen Ballaststoffzufuhr kann mit einer selteneren Hospitalisierung bzw. einer geringeren Todesrate infolge einer Divertikulitis verbunden sein [Cro 2011].

Divertikulitis: Angepasste Vollkost

Die Ernährungstherapie erfolgt entweder in drei oder in vier Phasen in Form eines schrittweisen Kostaufbaus.

Phase 1: In sehr schweren Fällen kann in den ersten 1 bis 2 Tagen eine Fastenphase dabei helfen, den Darm ruhig zu stellen und schwerwiegende Entzündungen abklingen zu lassen. Hierbei eignet sich insbesondere Trinknahrung oder gegebenenfalls parenterale Ernährung. In den meisten Fällen wird der Patient aufgrund der akuten Entzündungslage stationär behandelt und zum Beispiel über Infusionen ernährt. Die Entscheidung hierüber trifft das ärztliche Personal.

Phase 2: Ist die akute Entzündungslage abgeklungen, ist für die nächsten Tage eine ballaststoff- und fettarme Kost angezeigt.

Phase 3: Bis die Entzündungen endgültig abgeklungen sind, ist eine leichte Vollkost einzuhalten. Das kann eine bis mehrere Wochen andauern. Die Auswahl geeigneter Lebensmittel und Speisen richtet sich nach der individuellen Verträglichkeit der Nahrungsmittel und wird langsam ausgetestet.

Phase 4: Bei erreichter Beschwerdefreiheit kann langsam auf eine ballaststoffreiche, betont pflanzliche Kost umgestellt werden. Ab diesem Zeitpunkt richtet sich die Ernährung nach den Empfehlungen bei Divertikulose mit dem Ziel, eine erneute Entzündung der Divertikel zu vermeiden.

Nährstoffe und Nahrungsinhaltsstoffe

Für den Zusammenhang von Divertikeln im Darm und Alkohol sind die Studienergebnisse widersprüchlich. Ein moderater Alkoholkonsum in beschwerdefreien Phasen scheint kein Risikofaktor zu sein. Allerdings kann der Konsum das Risiko für Komplikationen bei einer sich anbahnenden Entzündung erhöhen [DGVS 2013].

Divertikulose: Mitauslöser für die Entstehung der Wandausstülpungen (Divertikel) ist der erhöhte Innendruck im Dickdarm (Kolon) als Folge eines langjährigen geringen Stuhlvolumens. Das Stuhlvolumen wiederum wird maßgeblich durch die Ballaststoffzufuhr über die Nahrung beeinflusst. Eine Rückbildung der Divertikel ist mit diätetischen Maßnahmen nicht möglich. In Studien zeigte sich, dass durch einen erhöhten Ballaststoffkonsum die Entzündung der Divertikel gehemmt werden kann [Cro 2014]. Vermutlich üben wasserlösliche Ballaststoffe (z. B. aus Früchten und Gemüse) einen stärkeren Effekt aus.

Divertikulitis: Liegt bereits eine Divertikulitis vor, ist die Verträglichkeit deutlich herabgesetzt und die Aufnahme sollte reduziert werden. Der häufige Konsum ballaststoffreicher Gemüse wirkte sich zudem nicht überzeugend präventiv auf eine Divertikulitis aus. Besser schnitten hier der häufige Verzehr von Äpfeln, Birnen und Pflaumen sowie ballaststoffreichen Getreideerzeugnissen ab [Ma 2019].

Täglich sollten mindestens 1,5 bis 2 Liter Flüssigkeit aufgenommen werden. Oder anders ausgedrückt: Eine adäquate Trinkmenge beläuft sich auf etwa 30-35 ml pro kg Körpergewicht. Ballaststoffe binden reichlich Wasser und quellen im Darm.

Lebensmittel und spezielle Produkte

Faser- und kernreiche Lebensmittel

Autopsie-Befunde, bei denen sich oftmals Körner und Nahrungsfasern in den entzündeten Divertikeln fanden, führten zu der Annahme, dass diese an der Entwicklung einer Divertikulitis beteiligt wären. Lange Zeit hielt sich die Vorstellung, harte und faserige Nahrungsbestandteile würden die Divertikelwand reizen, zu Entzündungen oder einem Verschluss der Divertikel führen. Patienten erhielten daher den Rat, auf Nüsse, Samen, Körner und kernhaltiges Obst bzw. Gemüse zu verzichten oder die Kerne zu entfernen.

Mittlerweile wurde diese Empfehlung revidiert. In wissenschaftlichen Untersuchungen ließ sich kein Zusammenhang zwischen dem Konsum von Nüssen, Samen oder Körnern und einem erhöhten Risiko für eine Divertikulitis nachweisen. Männer, die etwa zweimal wöchentlich Nüsse aßen, waren seltener von Entzündungen betroffen als Männer, die kaum oder gar keine Nüsse konsumierten [Str 2008].

Der Verzicht auf Nüsse, Samen oder kernhaltiges Gemüse und Obst ist folglich nicht mehr notwendig. Wer sich aber sicherer fühlt, kann diese Lebensmittel dennoch meiden. Eine Alternative zum Verzicht ist eine achtsame Ernährungsweise. Betroffene sollten sich Zeit zum Essen nehmen, grobkörnige Nahrungsmittel bewusst kauen und nicht nebenbei oder unter Ablenkung essen. Auf große, leicht entfernbare Obstkerne z.B. aus Äpfeln, Birnen oder Melonen kann bei Bedenken jedoch auch problemlos verzichtet werden.

Fleisch, Wurst, Eier

Aus Tierstudien und einigen wenigen Humanstudien ist bekannt, dass der Konsum von rotem Fleisch zu einer veränderten Darmflora beiträgt [Spi 2015]. Hier scheint der Verzehr das Risiko für eine Divertikulitis zu erhöhen [Cro 2011]. Eine Reduktion des Fleischkonsums ist auch in Hinblick auf das Entzündungsgeschehen zu empfehlen. Insbesondere kann es als Teil einer Hauptmahlzeit des Öfteren durch fetten Fisch (reich an Omega-3-Fettsäuren) ersetzt werden, der im Gegensatz zum Fleisch (reich an Omega-6-Fettsäuren) entzündungshemmend wirken kann.

Verarbeitete Fleischprodukte wie Schinken, Wurst und Salami sollten nur sparsam verwendet werden, da ein negativer Einfluss der enthaltenen Zusätze auf die Darmflora bzw. auf Symptome ebenfalls vorstellbar ist.

In Humanstudien deutete sich an, dass rotes Fleisch das Risiko für eine Hospitalisierung bei einer bestehenden Erkrankung zu erhöhen scheint [DGVS 2013].

Entzündliche Vorgänge im Rahmen einer Divertikelkrankheit bzw. einer Divertikulitis legen die Vermutung nahe, dass sich Lebensmittel mit entzündungshemmenden Inhaltsstoffen vorbeugend auswirken können.

Wissenschaftlich untersucht wurde diese Fragestellung bislang nicht. Es ist aber vorstellbar, dass entzündungshemmende Inhaltsstoffe für die präventive Wirkung einer pflanzlichen Kost mit verantwortlich sind. Auch das geringere Risiko für eine Divertikulitis, das in Zusammenhang mit einem vermehrten Nusskonsum beobachtet wurde, wäre durch die anti-inflammatorische Wirkung von Walnüssen oder Mandeln erklärbar.

Eine pflanzenbetonte Ernährungsweise liefert zahlreiche entzündungshemmende sekundäre Pflanzenstoffe und ist auch vor diesem Hintergrund zu empfehlen. Weiterhin denkbar ist ein positiver Einfluss omega-3-fettsäurenreicher Lebensmittel wie fettem Seefisch oder bestimmter pflanzlicher Öle. Omega-3-Fettsäuren begünstigen die Bildung entzündungshemmender Botenstoffe und reduzieren damit entzündliche Prozesse im Körper.

Mit probiotischen Lebensmitteln wiederum kann die Darmgesundheit langfristig gestärkt werden.

Vermutungen über einen Einfluss der Darmflora auf die Symptome der Divertikelkrankheit legen auch den Schluss nahe, dass sich probiotische Lebensmittel günstig auf die Darmgesundheit und eine bestehende Divertikulose auswirken können. In ersten Studien konnten mit Lactobacillus casei die Beschwerden von PatientInnen verbessert werden [Tur 2014]. Ob und wie andere Bakterienstämme positive Wirkungen entfalten, ist noch nicht bekannt.

Dennoch können milchsauer vergorene Lebensmittel wie Joghurt, Kefir, Buttermilch, Sauermilch und Sauerkraut zur Unterstützung der Darmflora durchaus empfehlen werden.

Es gibt keinen Hinweis darauf, dass Kaffee schädlich ist [DGVS 2013].

Speisenzubereitung

Ungeeignet sind scharfe, harte, reizende und sehr heiße Speisen (z. B. Salz in größeren Mengen, Alkohol, gepökelte Waren, frittierte und gegrillte Speisen). In der akuten Phase sind auch fetter Fisch, Fleisch, fette Milchprodukte, große Mengen Fett und Eiweiß, Nüsse, Knabbereien und Süßigkeiten tabu. Dazu zählen ebenso gesüßte Getränke sowie jegliche Art von Fertigprodukten.

Lebensstil und weitere Therapieoptionen

Körperliche Aktivität scheint das Risiko für Divertikelblutungen zu vermindern [DGVS 2013].

Nikotinkonsum

Rauchen scheint das Risiko für Divertikelblutungen zu erhöhen [DGVS 2013].

Beratungsmaterialien/ Downloads

BildNameKategorien
Produkt zum Warenkorb hinzugefügt.
0 Artikel - 0,00