Ernährungsberatung online – Möglichkeiten und Grenzen

Die Onlineberatung ist eine weitere Form der Ernährungstherapie mit erheblichem Potenzial, PatientInnen und KlientInnen Wissen zu vermitteln, ihnen begleitend zur Seite zu stehen und unbürokratisch Hilfe zu leisen. Es bietet zusätzliche Möglichkeiten der Information und Kommunikation. Somit kann es als sinnvolle Ergänzung zur klassischen Beratung, vor allem in Zeiten wie diesen, dienen.

Formen und Instrumente

Es gibt verschiedene Formen und Instrumente, mit denen die Onlineberatung gestaltet werden kann.

Allgemeines

Es kommen vor allem die Beratung per E-Mail, die webbasierte Beratung über einen externen Anbieter (z. B. Video- und Konferenzdienste) oder die Beratung über einen Chatdienst (z. B. Whatsapp, Telegram, Signal) infrage. Viele der genannten Instrumente gibt es auch als Mischformen (z. B. Zoom als Videodienst mit Chatfunktion). Alle Angebote können vom Grundsatz her im Einzel- und im Gruppensetting zum Einsatz kommen.

Bei allen ist die Frage des Datenschutzes zu beachten und zu klären. Die Beratung per E-Mail eignet sich besonders in Kombination mit der Konsultation am Telefon, um Dokumente und Beratungsmaterialien auszutauschen. Der Austausch sensibler Daten über E-Mail sollte unter großer Vorsicht und eher als Ausnahme unter besonderen Rahmenbedingungen erfolgen.

Grundsätzlich schließt die Onlineberatung auch Angebote von Webinaren, Blended Learning, Onlinekursen etc. mit ein. Diese Angebote haben den Vorteil, dass sie von der Zentralen Prüfstelle Prävention zertifiziert werden können.

Blended Learning

Beim Blended Learning werden E-Learning und Präsenzkurse zu einem integrierten Lehr- und Lernkonzept verknüpft. Diese können teilweise live (festgelegte Start- und Endzeiten, Referent) stattfinden. Zudem ist der Austausch unter den Teilnehmern zu Präsenzkursen möglich. Die Gestaltung ist aufwendig und teuer.

Onlinekurs

Ein Onlinekurs ist ein didaktisch aufbereiteter Kurs mit digitalen Inhalten. Auch eine Anwendung mit Apps ist möglich. Onlinekurse finden nicht live statt. Das Erstellen ist zeitintensiv und aufwendig.

Webinare

Webinare sind wie Seminare aufgebaut und werden über das Internet angeboten. Diese sind meist interaktiv und live (mit festgelegten Start- und Endzeiten, Referent). Ein Austausch unter den Teilnehmern ist möglich.

Fernkurse

Fernkurse vermitteln themenspezifisches Wissen und Fähigkeiten. Lehrende und Lernende sind ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt. Materialien und Unterlagen werden postalisch oder per E-Mail versendet. Der Lernerfolg wird über einzusendende Arbeitsaufgaben kontrolliert. Das Erstellen und Anbieten von Fernkursen ist aufwendig und teuer.

Telefoncoaching

Telefoncoaching kann in Form einer Telefonkonferenz angeboten werden. Es ermöglicht eine beidseitige verbale Kommunikation zwischen Ernährungsfachkraft und Ratsuchendem. Telefoncoaching findet häufig im Einzelsetting statt.

Gesundheitsbasierte Coachings

Teilnehmende an dieser interaktiven Programmform können mindestens ein persönliches Gesundheitsziel planen. Das Ziel muss erreichbar und realistisch sein. Eigene Aktivitäten und Fortschritte können dokumentiert werden. Ein Soll-Ist-Abgleich ermöglicht ein individualisiertes Feedback. Meist ergänzen moderierte Foren das Coaching.

Game based learning/ serious games/ e-teaching

Diese Form bedient sich des Konzepts der spielinhärenten Motivation. Es muss sich um Spiele handeln, die einen durchdachten § 20 konformen Bildungszweck verfolgen. Gewinnspiele sind ausgeschlossen.

Möglichkeiten und Grenzen

Die Onlineberatung kann für viele Zielgruppen genutzt werden. Es können auch potenzielle Klienten angesprochen werden, die über andere Wege nur schwer zu erreichen sind. Lediglich hochbetagte Menschen verfügen unter Umständen nicht über einen Internetzugang und können von der Onlineberatung daher nicht profitieren.

Möglichkeiten

  • verschiedene Zielgruppen ansprechbar
  • oft kostengünstiger als „klassische“ Beratung
  • ortsunabhängig, keine langen Anfahrtswege und Anbindung ländlicher Gegenden; Begleitung „im Wohnzimmer“ möglich
  • freie Raum- und Zeiteinteilung
  • verschiedene Formen der Wissensvermittlung denkbar
  • kontinuierliche Interaktion mit der Ernährungsfachkraft realisierbar
  • im Gruppensetting: Austausch mit anderen Betroffenen machbar
  • fortlaufende Dokumentation und Reflexion der Beratung gut umsetzbar
  • mehr Transparenz des Beratungsprozesses
  • mögliche Anonymität gewährleistet vorurteilsfreie Begleitung
  • niedrigere Hemmschwelle für Patienten und Klienten mit Schamgefühlen etc.
  • freie Therapeutenwahl
  • sehr diskrete Beratung
  • in der Regel kürzere Reaktionszeiten
  • das schriftliche Ausformulieren (z. B. über Chatfunktion) verschafft oftmals mehr Klarheit über Situation und das Problem

Grenzen

  • erfordert umfassende Datenschutzmaßnahmen
  • Grundkenntnisse im Umgang mit der Technik nötig
  • für Therapeuten mit mehr Aufwand für Materialerstellung und Anschaffungskosten für Programme, Technik etc. verbunden
  • in Abhängigkeit der gewählten Form Verlust nonverbaler Signale (Mimik, Gestik, Betonung, Körperhaltung)
  • mitunter schwierigere Einordnung der emotionalen Lage
  • Kostenübernahme durch die Krankenkassen muss geprüft werden
  • meist unpersönlichere Beziehung
  • technische Probleme können Beratungsqualität beeinflussen
  • keine Untersuchungen möglich (Blutdruck-, Blutzuckermessung, Gewichtsbestimmung, Körperzusammensetzung etc.)
  • eingeschränkte Diagnosemöglichkeiten (nur per Befragung, nicht per „Augenschein“)

Basisprinzipien und Rahmenbedingungen

Basisprinzipien

Die Basisprinzipien für die klassische Beratung (menschenzentrierte Haltung, Empathie, aktives Zuhören, gewaltfreie Kommunikation, Verschwiegenheit, Freiwilligkeit, Transparenz etc.) gelten ebenso für die Onlineberatung. Auch Autonomie, Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit des Ratsuchenden gehören dazu. Inbegriffen sind zudem die Ressourcenorientierung und Förderung der Selbstwirksamkeit. Besondere Anforderungen können bezüglich der sensiblen Wortwahl im schriftlichen Austausch bestehen. Auch ist zu bedenken, dass der Ratsuchende Darlegungen in Schrift potenziell verbreiten und veröffentlichen kann.

Aus dem Angebot der Onlineberatung heraus ergibt sich die Frage nach den Rahmenbedingungen für Ressourcen, Kapazitäten und Voraussetzungen.

Zeitliche Ressourcen

Onlineberatung braucht Zeit. Für Vor- und Nachbereitung wird unter Umständen mehr zeitliche Ressourcen benötigt als in der klassischen Beratung. Schriftliche Formulierungen sind grundsätzlich aufwendiger als der mündliche Austausch. Andererseits sind aufgrund der Orts- und Zeitungebundenheit zeitliche Ressourcen flexibler nutzbar.

Finanzielle Ressourcen

Für die Ernährungsfachkraft kann das Angebot der Onlineberatung mit zusätzlichen Kosten verbunden sein. Diese variieren in Abhängigkeit

  • der notwendigen technischen Ausrüstung
  • der Aufwendungen für die Nutzung externer Dienste und Plattformen
  • möglicher verwendeter Software
  • etwaiger Vorkehrungen für den Datenschutz

Technische Ausrüstung

Je nachdem, welche Tools und Instrumente für die Onlineberatung genutzt werden, ist eine Ausstattung mit

zu prüfen.

Sonstige Ausstattung

Vor allem bei der Videotelefonie ist auf eine aufgeräumte Präsentationsfläche, egal ob Wand, Regal oder Schreibtisch zu achten. Gute Lichtverhältnisse sollten ebenso gewährleistet werden wie ein Rechner mit genügend freiem Speicher (PC, Laptop, Tablet etc.)

Transparenz

Das Onlineangebot sollte Transparenz im Hinblick auf das Angebot selbst, die Arbeitsprinzipien und Regeln gewährleisten. Im Idealfall sind für den Nutzer folgende Aspekte gut einsehbar:

  • Umfang der gespeicherten personenbezogenen Daten und Umgang mit diesen
  • Schweigepflicht der Ernährungsfachkraft
  • gesetzlich vorgegebene Grenzen, bei denen die Schweigepflicht aufgehoben wird bzw. werden muss
  • technischer Datenschutz des Angebotes
  • Angaben zur Ernährungsfachkraft
  • Ablauf der Onlineberatungen

Datenschutz

Die jeweils geltenden länderspezifischen Datenschutz und Telekommunikationsbestimmung werden beachtet und umgesetzt. Es wird der Einsatz einer webbasierten Onlineberatungssoftware und die Benutzung von verschlüsselten Übertragungsmethoden empfohlen. E-Mails werden häufig offen über das Netz versendet und sind nicht sicher. Ratsuchende sind auf eigene Sicherheitslücken hinzuweisen (z. B. die Nutzung von Verschlüsselungstechniken für E-Mails und die Verwendung von Alias-Adressen).

Um die Datenschutzbestimmungen bestmöglich zu gewährleisten, gibt es vorübergehend kostenfreie zertifizierte Anbieter:

Zertifizierung digitaler Angebote

Leitfaden Prävention der Zentralen Prüfstelle für Prävention

Präventionskurse mit digitalen Elementen oder auch komplett als digitales Angebot können von der Zentralen Prüfstelle Prävention zertifiziert werden. Zum 01.01.2021 wurde ein entsprechender Abschnitt in den Leitfaden Prävention übernommen. Unter Abschnitt 7 „Digitale Prävention und Gesundheitsförderung“ werden

  • die gesetzlichen Grundlagen (Regelungen nach § 20 Abs. 4 SGB V; Abgrenzung zu § 33a SGB V)
  • digitale Präventions- und Gesundheitsförderungsangebote in der individuellen verhaltensbezogenen Prävention inklusive Kennzeichen und Formate sowie
  • Handlungsfelder übergreifende Förderkriterien für digitale Präventions- und Gesundheitsförderungsangebote

beschrieben.

Weitere Informationen gibt es auf der Website der Zentralen Prüfstelle Prävention im aktuellen Leitfaden Prävention (Version Dezember 2020).

Informationen zur Zertifizierung

Am 1. Juli 2021 tritt das neue Kapitel „Digitale Prävention und Gesundheitsförderung“ des Leitfadens Prävention in Kraft. Die Zentrale Prüfstelle Prävention informierte daher über die wesentlichen Änderungen bezüglich digitaler Angebote und stellte die wesentlichen Eckpunkte zusammenfassend vor*:

  • Wesentliche Funktionen der Kursleitungen in nicht-digitalen Angeboten werden durch das digitale Angebot ersetzt.
  • Es können Apps, hybride Anwendungen und Internet-Interventionen anerkannt werden.
  • Der Anbieter bestimmt zeitlichen Umfang und Dauer der Anwendungen. Es bestehen keine Zeitvorgaben.
  • Es ist ein Nachweis einer Datenschutzfolgeabschätzung (DSFA) durch einen betrieblichen Datenschützer zum Schutz der Versicherten notwendig.
  • Es ist ein Beleg des gesundheitlichen Nutzens eines Angebots durch eine Studie erforderlich.
  • Es gibt die Möglichkeit einer vorläufigen Zertifizierung eines Angebots für ein Jahr bei Einreichen eines registrierten Studienprotokolls zum Nachweis des gesundheitlichen Nutzens der Anwendung.
  • Es gibt die Möglichkeit, digitale Präventions- und Gesundheitsförderungsangebote zum Thema „Gesunder Schlaf“ anerkennen zu lassen.

Auf der Website der Zentralen Prüfstelle für Prävention sind weitere Informationen im Downloadbereich verfügbar.

Spezial für Mitglieder: Digitale Tools und Helfer

Eine umfangreiche Toolsammlung mit zahlreichen Informationen und Erläuterungen gibt es beim Hochschulforum Digitalisierung. Zudem gibt es eine Linksammlung Digitale Tools des Ausschusses Digitalisierung der GMA. Interessant sind auch die digitalen Tools aus dem Lehr- und Lerngeschehen.

Übersicht nur für Mitglieder sichtbar

Weitere Informationen

Die besten Webinar-Plattformen

Auf kinsta.com gibt es eine umfassende Übersicht zu geeigneten Webinar-Plattformen für Unternehmen und Freiberufler. Webinare sind mehr und mehr eine effektive Methode, Interessierte sowie KollegInnen zu erreichen. Entsprechende Plattformen bieten ein zuverlässiges System, um eigene Angebote professionell anzubieten.

Der Artikel führt von der Frage, wie die richtige Plattform auszuwählen ist (Ziel, Anzahl Teilnehmende, Interaktionsmöglichkeiten etc.) über die besten 23 Anbieter 2022 und vergleicht diese dabei mit Vor- und Nachteilen sowie nach der Preisgestaltung.

Für professionelle Webinar-Erlebnisse soll sich die Plattform Livestorm am besten eignen, die bis zu 10 Teilnehmende monatlich kostenfrei genutzt werden kann (z. B. auch für Einzelberatungs-Webinare).

Der Artikel ist auf der Website von Kinsta frei verfügbar.

Produkt zum Warenkorb hinzugefügt.
0 Artikel - 0,00