Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) – Krankheitsbild und Ernährungstherapie

Zur Ernährung bei Hyperthyreose gibt es viele widersprüchliche Informationen im Internet. Grundsätzlich bedarf es einer Reihe an spezifischen Nährstoffen, damit die Schilddrüse optimal arbeiten und die gebildeten Hormone bestmöglich wirken können. Das lässt sich über eine nährstoffreiche Ernährung mit natürlichen Lebensmitteln durchaus bewerkstelligen. Zwar enthalten einige Lebensmittel Inhaltsstoffe, die die Schilddrüsenfunktion beeinträchtigen können. Diese müssen aber – entgegen einiger Empfehlungen im Internet – meist nicht komplett gemieden werden.

Krankheitsbild Hyperthyreose im Überblick

Definition und Häufigkeit

Die Hyperthyreose bezeichnet eine Überfunktion der Schilddrüse, die zu einer übermäßigen Produktion der Hormone Thyroxin und Trijodthyronin führt. Streng genommen handelt es sich um kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern um ein Symptom, das vor allem im Rahmen eines Morbus Basedows oder einer Schilddrüsenautonomie auftritt.

Durch eine zu hohe Jodaufnahme bedingte Hyperthyreosen sind in der Regel selten und nicht zu befürchten, da zwischen der bedarfsdeckenden und der schädlich wirkenden Jodmenge eine weite Sicherheitsspanne liegt.

Bei einer Untersuchung der Universität Greifswald wiesen 1,8 % der Bevölkerung in der Region Pommern eine subklinische Hyperthyreose und 0,4 % eine manifeste Hyperthyreose auf. Die Häufigkeit der Schilddrüsenfehlfunktion nimmt in den höheren Altersgruppen zu [Völ 2003].

Ursachen und Risikofaktoren

Ein Überangebot an Schilddrüsenhormonen kann Ausdruck verschiedener Krankheitsbilder sein, vorrübergehend aber auch im Rahmen endogener Ursachen auftreten. In den meisten Fällen liegt der Hyperthyreose ein autoimmunologisch-bedingter Morbus Basedow oder eine Autonomie von Schilddrüsengewebe zugrunde. In beiden Fällen kommt es zu einer vermehrten Bildung von Schilddrüsenhormonen.

Entzündungsprozesse, insbesondere im akuten Stadium einer Hashimoto-Thyreoiditis, können eine vorrübergehende Hyperthyreose hervorrufen, da durch den Untergang von Schilddrüsenzellen auch gespeicherte Hormone freigesetzt werden. Andere krankheitsbedingte Ursachen wie TSH-produzierende Hypophysentumore, endokrinologische Paraneoplasien oder Mutationen des TSH-Rezeptors sind hingegen sehr selten.

Daneben kann eine Hyperthyreose auch durch exogene Ursachen hervorgerufen werden, wie etwa durch eine Überdosierung von Schilddrüsenhormon (iatrogene Hyperthyreose oder Hyperthyreosis factitia) oder eine exzessive Zufuhr an Jod beispielsweise über Kontrastmittel.

Genetische Faktoren

Autoimmunologische Ursachen treten familiär gehäuft auf. Interessanterweise kommen in einigen betroffenen Familien sowohl Fälle von Morbus Basedow als auch Fälle mit Hashimoto-Thyreoiditis vor, was auf eine gemeinsame genetische Grundlage schließen lässt [Str 2003].

Jodversorgung

Bei einer entsprechenden genetischen Veranlagung kann ein Überangebot von Jod den Krankheitsausbruch begünstigen, weswegen z.B. ein Morbus Basedow in Regionen mit guter Jodversorgung häufiger die Ursache für eine Hyperthyreose ist. Vor allem jodhaltige Medikamente, überdosierte Nahrungsergänzungsmittel, der regelmäßige Verzehr von jodreichen Nahrungsmitteln wie Meeresalgen oder auch jodhaltige Röntgenkontrastmittel tragen zu einer erhöhten Jodaufnahme bei [Lau 2010]. Im Gegensatz hierzu fördert ein Jodmangel die Ausbildung von Schilddrüsenautonomien, die in Jodmangelgebieten wie Deutschland die überwiegende Ursache von Hyperthyreosen sind [Lau 2010].

Welchen Einfluss die Jodversorgung einer Bevölkerung auf die Häufigkeit von Schilddrüsenerkrankungen ausübt, verdeutlicht eine langjährige Beobachtungsstudie aus Slowenien. Da etwa 80 % der Bevölkerung ein Struma vorwiesen, wurde von der Regierung Anfang der 50er Jahre eine allgemeine Jodierung des Speisesalzes angeordnet. Hierdurch ging die Häufigkeit von Jodmangelstrumen auf 11 % zurück. Da das Land nach den WHO-Kriterien dennoch als Region mit einem leichten Jodmangel galt, erhöhte die Regierung 1999 die vorgeschriebene Jodmenge im Speisesalz. In den folgenden 10 Jahren verzeichneten die Autoren der Studie einen deutlichen Rückgang von diffusen Strumen und von Schilddrüsenautonomien in der Bevölkerung. Die Prävalenz von Morbus Basedow blieb unbeeinflusst von der höheren Jodierung. Im Gegensatz dazu registrierten die Autoren jedoch einen deutlichen Anstieg der Fälle von Hashimoto-Thyreoiditis [Zal 2011].

Hormone

Bei Menschen mit einer erblichen Veranlagung für autoimmunologische Schilddrüsenerkrankungen scheint die Einnahme von Östrogenen das Risiko für eine Hyperthyreose zu verringern, während Schwangerschaften das Risiko erhöhen [Str 2003].

Formen

Hyperthyreosen lassen sich nach dem klinischen Bild oder nach den zugrundeliegenden Ursachen einteilen. Da zahlreiche biologische Prozesse durch das Überangebot an Schilddrüsenhormonen überaktiv sind, wirkt sich eine Hyperthyreose auf viele Bereiche des Körpers aus. Die Symptomatik ist folglich unspezifisch und nicht bei jedem Patienten gleichermaßen ausgeprägt.

Einteilung nach der klinischen Relevanz

  • subklinische/ latente Hyperthyreose
  • manifeste Hyperthyreose

Einteilung nach der Ursache

  • funktionelle Schilddrüsenautonomie: unilokale, multilokale oder disseminierte Autonomien
  • immunologisch bedingte Hyperthyreose (Immunthyreopathien): z. B. Morbus Basedow, Hashimoto-Thyreoiditis im Anfangsstadium
  • entzündungsbedingte Hyperthyreose: z. B. subakute Thyreoiditis de Quervain, Strahlenthyreoiditis
  • tumorbedingte Hyperthyreose: Schilddrüsenkarzinom
  • sekundäre Hyperthyreosen: z. B. Hyperthyreosis factitia (Hormonüberdosierung), Jodexzess (z.B. durch Kontrastmittel), TSH-Überproduktion durch Hypophysentumor

Entstehung

Wie es zur Hyperthyreose kommt, hängt vordergründig von der zugrundeliegenden Ursache ab. Allerdings lassen sich bislang nur die Prozesse nachvollziehen, die letztlich zur Überproduktion an Schilddrüsenhormonen führen. Welche pathologischen Schritte das jeweilige Krankheitsbild auslösen, ist weder für den Morbus Basedow noch für Autonomien bekannt.

Funktionelle Autonomie

Eine Autonomie bedeutet, dass ein oder mehrere Zellverbände innerhalb der Schilddrüse

unabhängig eines TSH-Signals Schilddrüsenhormone bilden und freisetzen. Die Sekretion entzieht sich folglich der hypothalamisch-hypophysären Kontrolle und läuft autonom ab. Grundlage hierfür sind Mutationen, die die Signalketten innerhalb der Drüsenzellen von äußeren Signalen abkoppeln.

Verstärkt wird die Ausprägung solcher autonomer Zellverbünde durch einen Jodmangel, wodurch Autonomien in Regionen mit schlechter Jodversorgung gehäuft auftreten. Ausgangspunkt hierbei ist oftmals ein Jodmangelstruma. Bei anhaltendem Jodmangel sinkt die Konzentration an T3 und T4 im Blut, wodurch kompensatorisch vermehrt TSH freigesetzt wird. Dieses regt u.a. das Zellwachstum und die Zellteilung innerhalb der Schilddrüse an, um mehr Gewebe zu Hormonbildung bereitzustellen. Da durch den Jodmangel dennoch kein nennenswerter Anstieg der Hormonspiegel erreicht wird, bleibt der Regulationsweg aktiv, das Schilddrüsengewebe vermehrt sich weiter, wodurch es zur Kropfbildung kommt.

Gleichzeitig nimmt der Anteil an autonomen Arealen in der vergrößerten Schilddrüse zu. Übersteigt deren Hormonproduktion den Hormonbedarf  entsteht eine Hyperthyreose.

Autonome, mehrspeichernde Zellen können als einzelne (unilokale) bzw. mehrere (multilokale) Knoten auftreten oder diffus (disseminiert) über die Schilddrüse verteilt sein.

Morbus Basedow

Aufgrund eines Immundefekts werden Autoantikörper gebildet, die offensichtlich strukturelle Ähnlichkeiten mit TSH aufweisen. Diese besetzen und aktivieren den TSH-Rezeptor an den Schilddrüsenzellen, wodurch permanent und unabhängig jeglicher Kontrolle Hormone freigesetzt werden. Eine genetische Veranlagung als Grundlage gilt mittlerweile als sicher. Welche Faktoren (z.B. hoher Stress, Infektionen) die Krankheit letztlich auslösen, ist jedoch unbekannt. Da Morbus Basedow verstärkt in Regionen mit guter Jodversorgung auftritt, scheint auch eine Jodüberdosierung am  Krankheitsgeschehen beteiligt zu sein.

Pathogenese des klinischen Bildes

Bei beiden Krankheitsbildern wird das klinische Bild in erster Linie durch den weit über den Bedarf erhöhten Hormonspiegel hervorgerufen. Da Schilddrüsenhormone zahlreiche Gewebe und Stoffwechselwege beeinflussen, führt eine Steigerung aller hormonabhängigen Prozesse zu weitreichenden Veränderungen im Körper.

Wichtige metabolische Auswirkungen sind:

  • Gesamtstoffwechsel: verstärkte Aktivierung oxidativer Prozesse, gesteigerter Grundumsatz, erhöhte Thermogenese
  • Kohlenhydratstoffwechsel: gesteigerter Glykogenabbau und gesteigerte Glukoseneusynthese mit Anstieg des Blutzuckerspiegels; gesteigerter Glukoseabbau
  • Fettstoffwechsel: erhöhter Abbau von Fett (mit erhöhter Konzentration an freien Fettsäuren im Blut), Cholesterin, VLDL- und LDL-Cholesterin sowie verstärkte Ausscheidung von Gallensäuren
  • Proteinstoffwechsel: erhöhter Proteinabbau mit Anstieg der Harnstoffbildung und -ausscheidung
  • Blutkreislauf: erhöhter Sauerstoffbedarf mit Hyperventilation und verstärkter Erythrozytenneubildung
  • Organe: erhöhte Sensitivität verschiedener Gewebe für Katecholamine mit verstärkter Erregbarkeit von Muskelfasern u.a. im Herz, im Darm und in der Skelettmuskulatur

Beim Morbus Basedow kommt es zusätzlich zu immunologischen Reaktionen im Bereich der Augen, infolgedessen Ödeme und Ablagerungen von Glukosaminglykanen auftreten können.

Symptome

Eine unerkannte oder schlecht behandelte Hyperthyreose kann zu verschiedenen Komplikationen führen:

  • thyreotoxische Krise = rasche Verschlechterung des Beschwerdebildes mit teilweise lebensbedrohlichem Ausmaß mit stark verschlechterter Bewusstseinslage bis hin zur Bewusstlosigkeit, Apathie, Herzrasen bis hin zu Herzinsuffizienz, Fieber, Erbrechen, starkem Durchfall mit Dehydrierung
  • thyreotoxische Myopathie = hochgradige Schwächung der Muskulatur

Diagnostik

Erste Hinweise auf eine Schilddrüsenüberfunktion sind das Vorhandensein von Leitsymptomen wie eine ungeklärte Gewichtsabnahme, Herzrasen, erhöhte Wärmeempfindlichkeit mit vermehrtem Schwitzen, psychische Veränderungen wie Nervosität und Unruhe, Tremor, Haarausfall und Hautveränderungen, Anzeichen auf Kropfbildung und Veränderungen an den Augen. Diagnostische Bestandteile sind eine umfassende Anamnese, Labordiagnostik, körperliche Untersuchungen, Antikörperbestimmung sowie apparative Untersuchungen.

Anamnese

Zur Diagnostik von Schilddrüsenerkrankungen gehört eine umfassende Anamnese. Diese kann in die Unterpunkte Familien-, Symptom- und Stressanamnese untergliedert werden. Mittlerweile gibt es zudem verschiedene Scores, die wichtige Anamnese-Fragen zur genauen Erfassung des Krankheitsbildes integriert haben. In der Familienanamnese geht es vorrangig um Fragen, die Schilddrüsen- und Autoimmunerkrankungen innerhalb der Familie erfassen. Insbesondere Autoimmunerkrankungen treten familiär gehäuft auf.

Die Symptomanamnese klärt Fragestellungen bezüglich möglicher Gewichtsveränderungen und Magen-Darm-Beschwerden (Durchfall, Blähungen, Verstopfung, Übelkeit, Erbrechen etc.) oder auch in Bezug auf das Hitze-/ Kälteempfinden; Herzrasen/ Unruhe, Müdigkeit/ Schläfrigkeit sowie Haut- und Haarveränderungen.

Die Stressanamnese wiederum fragt nach dem gefühlten Stressniveau, nach dem Umgang mit äußeren Stressoren (im Berufsalltag, Zeitdruck, Kollegen, Freunde, Lautstärke, Hektik, mobile Erreichbarkeit, Familie, Organisation etc.) und inneren Stressoren (Anforderungen an sich selbst, Leistungsdruck, Glaubenssätze, nicht Nein-sagen können, gefallen wollen etc.) sowie nach Maßnahmen und Strategien zur eigenen Stressbewältigung.

Zum Zulewski-Score zählen der Hypothyreose-Score und der Hyperthyreose-Score, die zur Einschätzung des Schweregrads des jeweiligen Erkrankungsbildes dienen. Der Score umfasst eine Analyse der Hauptsymptome und bewertet den Schweregrad anhand der angegebenen Symptomschwere. Die Symptome sind analog den Erhebungen in der Symptomanamnese (Gewicht, Veränderungen von Haut und Haaren, Temperatur-empfinden, Blutdruck, Darmsymptome etc.).

Diagnostik Schilddrüsenhormone

Das Hormon TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon) wird in der Hypophyse – vermittelt durch TRH (Thyreoliberin) – gebildet und bei Bedarf an Schilddrüsenhormonen freigesetzt. TSH gelangt über die Blutbahn zur Schilddrüse und fördert hier die Neubildung und Freisetzung der Schilddrüsenhormone (T3, T4) sowie das Wachstum der Schilddrüse. Dadurch nimmt die Schilddrüse bei hohen TSH-Konzentrationen an Volumen zu. Das aktive T3, das bei Bedarf aus der Speicherform T4 gebildet wird, wirkt stoffwechselanregend und beeinflusst zahlreiche Körperfunktionen. Zirkulieren ausreichend Schilddrüsenhormone im Blutkreislauf, wird die Freisetzung von TSH und damit die Wirkung auf die Schilddrüse gedrosselt. Eine Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse äußert sich neben veränderten T3- und T4-Werten auch in der Höhe des TSH-Spiegels im Blut. Während bei einer Unterfunktion der TSH-Blutspiegel kompensatorisch erhöht ist, ist die Freisetzung bei Überfunktion dauerhaft gehemmt. Die Bestimmung erfolgt im Blutserum zur Diagnose sowie zur Verlaufs- und Therapiekontrolle von Schilddrüsenerkrankungen.

In den ersten Stadien einer Schilddrüsenfunktionsstörung kann eine normale bis hochnormale Konzentration an TSH vorliegen, da der Körper versucht, einen Mangel oder Überschuss zu kompensieren. Erst bei einer Manifestation ist der TSH-Wert verändert. Ein erhöhter TSH-Wert ist immer mit einer Störung der Schilddrüse verbunden.

Versorgungsstatus

Neben der Erhebung der Schilddrüsenhormone können der Versorgungsstatus an Zink, Eisen, Jod, Selen, Magnesium, Vitamin B12 und Folsäure sowie Vitamin D für den Verlauf von Schilddrüsenerkrankungen hilfreich sein. Diese eignen sich nicht für die Erstdiagnose und sind nicht zwangsläufig bei den einzelnen Krankheitsbildern verändert. Vielmehr stellen diese mögliche Therapieoptionen dar, um die verbliebene (Rest-)Funktion der Schilddrüse zu verbessern oder zu erhalten. Die meisten der genannten Substanzen sind in den Schilddrüsenstoffwechsel involviert.

Antikörperdiagnostik

Bei Verdacht auf eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse lässt sich diese mittels der Antikörperdiagnostik prüfen. Dabei deutet der Nachweis bestimmter Antikörper auf eine bestimmte Autoimmunform hin. So sind nachgewiesene TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAK), Antikörper gegen Thyreoglobulin (Tg-AK) und Thyreoperoxidase-Antikörper (TPO-AK) typisch für Morbus Basedow. Fehlen hingegen die TRAK, spricht dies eher für eine Hashimoto-Thyreoiditis. Bei der Schilddrüsen-Autonomie und der Jodmangel-bedingten Hypothyreose werden indes keine Antikörper nachgewiesen.

Körperliche Untersuchungen und apparative Diagnostik

Typisch für Erkrankungen der Schilddrüse sind Veränderungen der Organgröße und des Organvolumens. Diese lassen sich beispielsweise mittels Sonografie (Ultraschalluntersuchung) ermitteln. Alternativ lassen sich Größenveränderungen der Schilddrüse auch durch Palpation (Abtasten der Schilddrüse) erfassen. Dies erfordert mehr Erfahrung im Vergleich zum Ultraschall, ist aber weniger kostenintensiv.

Neben der Inspektion von Rachen (Zunge) und Haut kann das Achillessehnenreflexverhalten in die Diagnostik einbezogen werden. Der Achillessehnenreflex ist ein Eigenreflex, der nach einem Schlag auf die Achillessehne eine Kontraktion der Beugemuskulatur des Unterschenkels und damit eine Bewegungsreaktion des Unterschenkels nach oben im Sprunggelenk auslöst. Dies beansprucht eine gewisse Zeit, die bei Schilddrüsenfunktionsstörungen verändert sein kann (Hypothyreose: langsamer, Hyperthyreose: schneller).

Die Szintigrafie wiederum ist ein bildgebendes Verfahren mit radioaktiv markiertem Jod, um heiße bzw. kalte Knoten im Schilddrüsengewebe zu ermitteln. Bei der Feinnadelbiopsie (FNAB) wird Schilddrüsengewebe entnommen, um gutartige und bösartige Veränderungen zu ermitteln. Dieses Verfahren dient meist dem Ausschluss von Krebs. Das Verfahren wird auch als Feinnadelaspirationszytologie (FNAC) bezeichnet.

Des Weiteren gibt es die Barnes-Temperaturmessmethode. Hier wird die Körpertemperatur unmittelbar nach dem Aufwachen gemessen. Bei einer Hypothyreose liegt die Körpertemperatur unter <36,4 °C bis maximal 36,8 °C. Die Methode wird heute allerdings kaum noch angewandt, da in der Zwischenzeit bessere Diagnoseinstrumente zur Verfügung stehen.

Erweiterte Diagnostik

Bei Verdacht auf eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse lässt sich diese mittels der Antikörperdiagnostik prüfen. Dabei deutet der Nachweis bestimmter Antikörper auf eine bestimmte Autoimmunform hin. So sind nachgewiesene TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAK), Antikörper gegen Thyreoglobulin (Tg-AK) und Thyreoperoxidase-Antikörper (TPO-AK) typisch für Morbus Basedow. Fehlen hingegen die TRAK, spricht dies eher für eine Hashimoto-Thyreoiditis. Bei der Schilddrüsen-Autonomie und der Jodmangel-bedingten Hypothyreose werden indes keine Antikörper nachgewiesen.

Langfristig können bei unbehandelten/ schlecht eingestellten Schilddrüsenfunktionsstörungen Komplikationen auftreten. Zur Früherkennung dieser kann zudem die Erhebung der folgenden Parameter sinnvoll sein:

  • Cholesterinwerte (v.a. Triglyzeride, LDL-Cholesterin)
  • Blutdruck/ Puls
  • Entzündungswerte (hsCRP, Gesamteiweiß, BSG)
  • Bioimpedanz-Analyse (Fett- und Wassereinlagerungen)
  • Leber- und Nierenwerte

Schlussendlich schließen sich in der Verlaufsdiagnostik verschiedene Untersuchungen der Herz-Kreislauf-Diagnostik an. Diese sind individuell und nach Krankheitsbild sehr unterschiedlich.

Therapie

Medikamentöse Therapie: Die medikamentöse Behandlung der Hyperthyreose konzentriert sich auf den Zustand der Schilddrüse und variiert in Abhängigkeit der Form der Schilddrüsenüberfunktion. Bei der autonomen Form werden so mitunter andere Wirkstoffe verschrieben als bei Morbus Basedow.

Ernährungsziele und diätetische Prinzipien

Nutzen Ernährungstherapie

Zur Ernährung bei Hyperthyreose gibt es viele widersprüchliche Informationen im Internet. Grundsätzlich bedarf es einer Reihe an spezifischen Nährstoffen, damit die Schilddrüse optimal arbeiten und die gebildeten Hormone bestmöglich wirken können. Das lässt sich über eine nährstoffreiche Ernährung mit natürlichen Lebensmitteln durchaus bewerkstelligen. Zwar enthalten einige Lebensmittel Inhaltsstoffe, die die Schilddrüsenfunktion beeinträchtigen können. Diese müssen aber – entgegen einiger Empfehlungen im Internet – meist nicht komplett gemieden werden.

Auch beim Morbus Basedow gibt es keine starren Ernährungsregeln. Möglich ist eine Reihe an Optionen, die jeder Betroffene für sich ausprobieren sollte. Dies kann von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich ausfallen – dem einen hilft es, dem anderen nicht. Daher gibt es wenig wissenschaftlichen Konsens zu den einzelnen Stellschrauben. Es sei hier jeder betroffenen Person wärmstens ans Herz gelegt, dass die richtige Ernährung bei Schilddrüsenerkrankungen sehr individuell ist und unter Umständen viel Geduld erfordert, bis eine spürbare Besserung eintritt.

Diätetische Prinzipien

energiereduzierte bis -moderate Kost; nährstoffreiche Lebensmittel; eiweißreiche Kost

Nährstoffe und Nahrungsinhaltsstoffe

Der Energiebedarf steigt durch den erhöhten Grundumsatz. Betroffene kompensieren dies meist gut über einen gesteigerten Appetit. Auch hier ist die Basisempfehlung eine nährstoffreiche Ernährung mit kalorienmoderaten bis -reichen Nahrungsmitteln. Durch den erhöhten Substratumsatz ist der Bedarf an Eiweiß teilweise deutlich erhöht.

Jod

Eine unzureichende Jodaufnahme der Bevölkerung sorgte in den vergangenen Jahrhunderten für das gehäufte Auftreten sogenannter Jodmangelstrumen. Durch die gezielte Jodanreicherung von Lebensmitteln wie Speisesalz – und damit verbunden von Brot und Backwaren – oder von Futtermitteln für Milchkühe verbesserte sich die Jodzufuhr in Deutschland deutlich. Weitere wichtige Nahrungsquellen sind Milchprodukte, Eier sowie Seefisch.

Eine zusätzliche Aufnahme von Jod über Tabletten sowie der Verzehr sehr jodhaltiger Lebensmittel in Form von Algen und einigen jodreichen Seefischen ist zu vermeiden.

Empfehlung: Verzicht auf Algen, Jodkonzentrate und -tabletten

Selen ist Bestandteil der Jod-spaltenden Enzyme (Dejodasen) und damit für die Umwandlung des Schilddrüsenhormons T4 in das hochwirksame T3 verantwortlich. Bei einem Mangel wird folglich weniger T3 gebildet, was eine Unterfunktion fördern oder verstärken kann [Lio 2017]. Selen wirkt zudem antioxidativ und vermindert den oxidativen Stress in den Zellen bei erhöhtem Energieumsatz.

Empfehlung: selenreiche Lebensmittel (Meeresfrüchte und Fisch, Fleisch sowie Innereien, Milch und Eier; Getreide und Hülsenfrüchte)

Vitamin D entfaltet eine immunmodulierende Wirkung auf Autoimmunerkrankungen und kann so unter Umständen das Fortschreiten einem Morbus Basedow hemmen.

Empfehlung: reich an Vitamin D (Milchprodukte, Butter, Pilze; wichtiger: Sonne tanken und Aufenthalt im Freien)

Bei einer Überfunktion der Schilddrüse ist durch den erhöhten Substrat- und Energieumsatz auch der Knochenstoffwechsel erhöht. Dadurch steigt der Bedarf an Kalzium sowie Vitamin D. Dieser lässt sich insbesondere für Vitamin D nicht allein über die Nahrung decken, sodass regelmäßiges, kurzes Sonnenbaden sowie Spaziergänge an der frischen Luft nötig sind. Menschen, deren Haut nur wenig Tageslicht abbekommt, sollten ihren Vitamin D-Status testen lassen und gegebenenfalls ein Supplement einnehmen.

Empfehlung: reich an Kalzium (Mineralwasser, Gemüse, Nüsse, fermentierte Milchprodukte sowie Käse)

Antioxidantien

Besonders im Rahmen autoimmunologischer Entzündungsprozesse entsteht oxidativer Stress, der das Schilddrüsengewebe weiter zerstört. Durch eine nährstoffreiche Lebensmittelauswahl werden antioxidativ wirkende Substanzen wie die Vitamine A, C und E sowie diverse sekundäre Pflanzenstoffe zugeführt, die Radikal-bildenden Prozessen entgegenwirken. So ist das Hypothyreose-Risiko bei einem Jodmangel um ein Vielfaches höher, wenn gleichzeitig ein Vitamin A-Mangel vorliegt [Zim 2007].

Empfehlung Morbus Basedow: reich an den Antioxidantien Vitamin A (Innereien, Karotten), Vitamin C (Paprika, Zitrusfrüchte) und Vitamin E (Nüsse, Pflanzenöle) sowie reich an sekundären Pflanzenstoffen (Obst und Gemüse)

Omega-3-Fettsäuren wirken entzündungshemmend und sind in der Lage, Autoimmunprozesse zu dämpfen. Die besten Quellen hierfür sind fette Seefische, die daneben noch weitere antioxidative Substanzen enthalten. Linolensäure-reiche Öle wie Lein-, Walnuss- und Rapsöl eignen sich ebenfalls als Lieferanten.

Empfehlung Morbus Basedow: reich an Omega-3-Fettsäuren (fette Seefische wie Lachs, Thunfisch, Makrele und Hering; Walnussöl und Walnüsse, Leinöl, Hanföl)

Gluten und Antifraßstoffe

Während Gesunde nur selten von einer glutenarmen oder -freien Kost profitieren, kann diese bei Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse von Vorteil sein. Durch die chronisch-entzündlichen Prozesse und eine verschlechterte Darmbarriere infolge eines Mangels an Schilddrüsenhormonen treten bei Betroffenen häufig Verstopfungen oder Durchfall, Blähungen und zahlreiche Nahrungsmittelunverträglichkeiten auf. Der Verzicht auf Gluten kann hier Linderung verschaffen und die Symptome abmildern.

Ebenso können verschiedene Antifraßstoffe wie Lektine (rohes Getreide, Hülsenfrüchte) oder Phytinsäure (Getreide etc.) sowie Alkaloide (rohe Kartoffeln und Paprika sowie Tomaten) bestehende Beschwerden verstärken. Das aber ist unbedingt individuell auszutesten und nicht für jeden Betroffenen zutreffend. Häufig reicht bereits eine entsprechende Zubereitung der Lebensmittel wie eine lange Sauerteigführung bei Brot oder das lange Einweichen von Hülsenfrüchten und Nüssen, um die Konzentration der Antifraßstoffe deutlich zu reduzieren. Bei schweren und stark einschränkenden Unverträglichkeiten sowie akuten Entzündungsschüben kann eine Ernährung nach dem sogenannten Autoimmunprotokoll günstig sein.

Empfehlung Morbus Basedow: eingeschränkter Verzehr von Gluten, Lektinen (Getreide, Hülsenfrüchte), Phytinsäure (Getreide) und Alkaloide (rohe Kartoffeln, Tomaten und Paprika) bzw. eine gezielte Zubereitung der Lebensmittel; bei schweren Symptomen vorübergehende Ernährung nach dem Autoimmunprotokoll austesten

Lebensstil und weitere Therapieoptionen

Verschiedene Lebensstilfaktoren

In den meisten Fällen einer Schilddrüsenvergrößerung ist die Ursache auf eine unzureichende Aufnahme von Jod zurückzuführen. Das lässt sich durch die Verwendung von jodiertem Speisesalz sowie dem Konsum von Käse, Eiern und Seefisch in den meisten Fällen verhindern und beheben. Schwieriger ist es bei den Autoimmunerkrankungen Hashimoto-Thyreoiditis und Morbus Basedow. Diese basieren auf entzündlichen Prozessen, die sich gegen körpereigene Strukturen und Verbindungen richten. Zu verstehen ist das als eine Art fehlgeleitetes Immunsystem. Während genetische Gegebenheiten das Risiko für Autoimmunerkrankungen erhöhen, entscheidet schlussendlich auch unser Lebensstil, ob wir tatsächlich erkranken oder nicht.

Neben der Ernährung gehören vor allem ausreichend Bewegung, der Verzicht auf Tabak sowie der mäßige Konsum von Koffein und Alkohol zu einer Schilddrüsen-freundlichen Lebensweise. Auch im Falle einer Hyperthyreose sollte bei bestehenden Symptomen auf anregende Substanzen wie Koffein und Alkohol besser verzichtet werden. Daneben gilt unsere Stresskompetenz als einer der wichtigsten Schalthebel im Krankheitsgeschehen. Interne und äußere Stressoren können das Erkrankungsrisiko um ein Vielfaches erhöhen. Somit gehören Entspannungstechniken und eine hohe Resilienz bzw. Stresskompetenz zur Grundausstattung genetisch-bedingter Risikopatienten.

Empfehlung: gezieltes Krafttraining zur Erhaltung der Muskulatur, Erlernen von Methoden zur Stresskompetenz; Verzicht auf anregende Substanzen wie Koffein und Alkohol; Nikotinverzicht

Umweltgifte

Schlussendlich bergen auch Medikamente, Röntgenstrahlen und Umweltgifte ein zusätzliches Risiko. Zu letzterem gehören beispielsweise polychlorierte Biphenyle (verwendet u.a. als Kühlmittel), bestimmte Pflanzenschutzmittel, polybromierte Diphenylether (Flammschutzstoffe), Perchlorate (Zigarettenrauch, Düngemittel), Bisphenol-A (in Plastikflaschen) und Triclosan (antibakterieller Bestandteil mancher Seifen) [Bre 2010].

Empfehlung: Umweltfaktoren lassen sich nur mit großem Zeit- und Informationsaufwand aus dem Alltag verbannen, sodass bei sehr schweren Krankheitsverläufen die Konsultation eines Spezialisten angeraten ist.

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