Gastbeitrag: Ernährungstherapie bei hohen Triglyzeridwerten

Nahezu jeder Patient mit Hypertriglyzeridämie hat ein Problem mit den VLDL-Triglyzeriden, die normalerweise zu 55 % aus Triglyzeriden und zu 20 % aus Cholesterin bestehen. Dabei kommt es automatisch zu einem Anstieg des Cholesterinspiegels, der in diesem Fall nur durch gezielte Maßnahmen zur Senkung der Triglyzeride vermindert werden kann. Die Ernährungstherapie stellt dabei die erste – und meist auch einzige – Option dar. Erst, wenn die Ernährungsumstellung keinen ausreichenden Erfolg bringt, ist an eine medikamentöse Therapie zu denken. Doch auch diese wirkt nur in Kombination mit einer angepassten Ernährung. Vielen Patienten ist dieser Zusammenhang nicht klar. Viele glauben, sie hätten die Wahl und könnten bei einer medikamentösen Therapie auf einschneidende Lebensstilveränderungen verzichten.

Je nach Art der vorliegenden Fettstoffwechselstörungen werden unterschiedliche Therapieziele definiert:

  • Bei der familiären kombinierten Hypertriglyzeridämie entsteht das Risiko durch die kleinen, dichten VLDL und LDL. Durch eine Absenkung der Triglyzeride unter 100 mg/dl (1,13 mmol/l) kann die abnorme Zusammensetzung der Lipoproteine normalisiert werden.
  • Bei der familiären Dysbetalipoproteinämie sollten die Triglyzeride unter 150 mg/dl (1,70 mmol/l) gesenkt werden.
  • Bei der nicht atherogenen familiären Hypertriglyzeridämie sollten die Triglyzeride zur Vermeidung des Chylomikronämie-Syndroms unter 400 mg/dl (4,5 mmol/l) liegen, bei vorausgegangenem Chylomikronämie-Syndrom unter 200 mg/dl (2,3 mmol/l).
  • Beim Metabolischen Syndrom sollte ein Triglyzeridspiegel von 100 bis maximal 150 mg/dl (1,13 bis 1,70 mmol/l) angestrebt werden.

Bei den nicht atherogenen Hypertriglyzeridämien ist in der Regel eine ausreichende Senkung der Triglyzeride allein durch eine angepasste Ernährung zu erreichen. Bei den atherogenen Formen braucht es eine Senkung unter 100 mg/dl bzw. 150 mg/dl, um die abnorme Zusammensetzung der LDL und VLDL zu normalisieren. Sofern das Therapieziel durch eine angepasste Ernährung nicht zu erreichen ist, sollte vor allem bei atherogenem Risiko über eine zusätzliche medikamentöse Therapie nachgedacht werden.

Ernährungstherapie hat großen Stellenwert

Alle Lebensmittel, die gegessen oder getrunken werden, wirken sich nach etwa drei Stunden auf die Triglyzeridkonzentration im Blut aus. Im Idealfall werden freie Fettsäuren nach Aufnahme in die Leber durch die Beta-Oxidation zur Energiegewinnung herangezogen. Ein wesentlicher Störfaktor ist dabei die Hemmung der Beta-Oxidation durch Alkohol und Kohlenhydrate. Diese Nährstoffe werden in der Leber bevorzugt zur Energiegewinnung herangezogen. Die aktuell nicht zur Energiegewinnung benötigten Fettsäuren werden in der Leber zu Triglyzeriden synthetisiert und als VLDL an das Blut abgegeben.

Aufgabe der Ernährungstherapie ist, die übermäßige Bildung von VLDL zu verhindern. Unterstützend wirken dabei der Abbau von Übergewicht und körperliche Aktivität.

Gewichtsnormalisierung

Eine Gewichtsabnahme sollte unter allen Umständen langsam verlaufen. Mehr als 0,5 kg pro Woche sollten es nicht sein. Das ist vielen Patienten zu langsam. Wenn sie ihr Essverhalten ändern, möchten sie schnelle Erfolge sehen. Eine rapide Gewichtsabnahme ist allerdings bei einer Hypertriglyzeridämie kontrainduziert. Beim Abbau größerer Körperfettmengen kommt es zu einem vermehrten Zustrom von Fettsäuren zur Leber. Reduktionskostformen unter 1200 kcal täglich von mehrwöchiger Dauer sind aus diesem Grund abzulehnen. Oft wird auch eine zu schnelle Gewichtsreduktion nach Dünndarmresektionen und besonders auch bei rigorosem Fasten übersehen. Ebenso können sportliche Übertreibungen durch einen verstärkten Fettabbau eine Hypertriglyzeridämie begünstigen. Dabei ist es gleichgültig, ob Fettsäuren exogen oder endogen angeflutet werden. Die Leber muss diese aufnehmen und als VLDL für das Blut transportfähig machen.

Nur bei stark erhöhten Triglyzerid-Werten – wie zum Beispiel beim Chylomikronämie-Syndrom möglich – wäre ein kurzzeitiges strenges Fasten vorteilhaft. Damit können stark erhöhte Triglyzeride innerhalb weniger Tage normalisiert und eine drohende Pankreatitis verhindert werden.

Körperliche Aktivität

Die Steigerung der körperlichen Aktivität verbessert die Insulinresistenz und sorgt für eine verstärkte Fettverbrennung durch die Muskulatur. Voraussetzung ist jedoch, dass Intensität und Dauer der sportlichen Betätigung moderat sind, um eine zu starke Freisetzung von Fettsäuren aus dem Fettgewebe und damit das verstärkte Anfluten freier Fettsäuren zur Leber zu vermeiden. Aus diesem Grund sollten Menschen mit chronisch erhöhten Triglyzeriden generell keinen Hochleistungssport treiben.

Keine üppigen Mahlzeiten, aber satt essen

Die einzelnen Tagesmahlzeiten sollten nicht allzu üppig ausfallen, um die Leber nicht innerhalb kurzer Zeit mit einer großen Fettmenge zu überfordern. Es geht dabei nicht um kurzfristige Erfolge. Menschen mit diesem Problem haben in der Regel lebenslang damit zu tun. Deshalb ist es wichtig, dass das Essen nicht als einschränkende Diät empfunden wird. Auch ist es nicht angebracht, die Betroffenen dazu anzuhalten, Nährstoffrelationen allzu streng zu beachten und Kalorien zu zählen. Nur ein Essen, das individuell schmeckt und mit Freude gegessen wird, wird auch langfristig beibehalten. Wichtiger wäre es, ein achtsames Essverhalten einzuüben, was bedeutet, dass zu keiner Mahlzeit der Magen überladen wird.

Andererseits muss eine befriedigende Mahlzeit satt machen. Tut sie das nicht, verführt der Verzicht anschließend zum „Grasen“ und vermehrtem Konsum von Süßigkeiten. Es wäre gut, so zu essen, dass man für die nächsten vier bis fünf Stunden ohne weitere Nahrungszufuhr auskommen kann.

Alkoholkarenz

Patienten mit hohen Triglyzeridwerten fühlen sich manchmal zu Unrecht von ihren Ärzten als „Alkoholiker“ abgestempelt. In der Tat führt bereits moderater Alkoholkonsum zu stark erhöhten Werten. 5 g Alkohol aus 100 ml Bier entsprechen dem Energiegehalt von 4 g Fett, die – durch die Störung der Beta-Oxidation – nicht in der Leber verwertet und in Form von VLDL an das Blut abgegeben werden. Das sorgt für eine Triglyzerid-Erhöhung um 160 mg/dl.

Jedes Gramm Alkohol verschlechtert die Situation. Die Therapie erfordert völlige Alkoholkarenz, was auch das Naschen von alkoholhaltigen Süßigkeiten betrifft. In manchen Fällen kann diese Maßnahme allein ausreichen, um den Triglyzeridspiegel auf ein normales Maß zu senken. Wichtig ist jedoch, nicht von alkoholischen Getränken auf Fruchtsäfte, zuckerreiche Limonaden oder alkoholfreies Bier umzusteigen. Die darin enthaltenen rasch resorbierbaren Zucker würden das Problem verstärken. Mitleidige Therapeuten sind oft geneigt, an den Wochenenden ein oder zwei Bierchen zu erlauben. Doch das ist nicht zielführend. Es ist für die Betroffenen leichter, generell auf Alkohol zu verzichten, als immer wieder nach „kurzen Ausflügen“ Abstand nehmen zu müssen. Erfahrungsgemäß hilft als positive Motivation, dass strikter Alkoholverzicht bei vielen Patienten als Therapie ausreicht und auf weitere Maßnahmen verzichtet werden kann.

Meiden rasch resorbierbarer Kohlenhydrate

Wenn der Verzicht auf Alkohol keinen nennenswerten Therapieerfolg bringt, gilt es, rasch resorbierbare Kohlenhydrate stark einzuschränken. Das betrifft insbesondere Glukose, Fruktose und Saccharose. In manchen Fällen reicht es, Süßigkeiten zu vermeiden, süße Getränke weg zu lassen und Tee oder Kaffee grundsätzlich ohne Zucker zu trinken. Die Verwendung von Süßstoff wäre zwar für Süßschnäbel eine Option, ist allerdings nicht auf Dauer anzuraten. Süßstoffe trainieren durch ihren intensive Süße das Geschmacksempfinden und verstärken damit das Verlangen nach Süßem. Am Ende ist es eine reine Gewohnheitsfrage. Wer einige Tage auf Süßes verzichtet, wird es nicht mehr vermissen.

Sollten der Verzicht auf Alkohol und Süßigkeiten keinen ausreichenden Therapieerfolg bringen, wird der Kohlenhydratgehalt des Essens auf etwa 40 % der Gesamtkalorien reduziert. Das betrifft insbesondere Weißmehlprodukte wie Weißbrot, Baguette, Cornflakes, Kuchen und Kekse. In schweren Formen muss sogar der Obstkonsum stark eingeschränkt werden. Erfahrungsgemäß fällt es Patienten in diesen Fällen am leichtesten, sich an eine niedrig-glykämische, kohlenhydratarme Ernährung zu halten, wie es z.B. beim LOGI-Essen der Fall ist. Dabei werden die Beilagen wie Brot, Kartoffeln, Nudeln und Reis stark eingeschränkt. Um ein gutes Sättigungsgefühl zu erreichen und Nährstoffmängeln vorzubeugen, werden im Gegenzug mehr Proteine (etwa 20 % der Gesamtkalorien) wie mageres Fleisch, Fisch und Eier, mehr Gemüse und Salate sowie mehr hochwertige Speiseöle gegessen.

Weniger gesättigte Fette

Die Reduktion von gesättigten Fetten ist der letzte Schritt der Therapie, der angewendet wird, wenn die anderen Maßnahmen nicht ausreichend waren. Besonders gesättigte Fettsäuren stehen zur Disposition, die – im Gegensatz zu hochungesättigten Fetten – in der Leber in nur geringem Umfang zur Energiegewinnung herangezogen werden und damit die Synthese von Triglyzeriden und die Freisetzung der VLDL belasten. Das gilt übrigens besonders für mittelkettige Triglyzeride, die aus dem Magen resorbiert werden und die Leber unkontrolliert überschwemmen können.

Der Fettgehalt des Essens sollte jedoch keinesfalls unter 30 % der Gesamtkalorien liegen. Besser wäre eine relativ fettreiche Kost von 35 bis 40 % Fettanteil aus überwiegend ungesättigten Fetten. Bei einer zu starken Fettbeschränkung werden in der Regel vermehrt Kohlenhydrate gegessen.

Medikamentöse Therapie

Wenn intensive Bemühungen um eine günstigere Lebensweise nicht den erwünschten Erfolg bringen, ist an eine zusätzliche medikamentöse Therapie zu denken. Bei den atherogenen Formen wie der kombinierten familiären Hypertriglyzeridämie, der familiären Dysbetalipoproteinämie und dem Metabolischen Syndrom sollte die Entscheidung nach etwa drei Monaten fallen. Bei der nicht atherogenen familiären Hypertriglyzeridämie kann bis zu zwölf Monate abgewartet werden. Dabei muss immer berücksichtigt werden, dass eine medikamentöse Therapie nur bei gleichzeitiger diätetischer Compliance wirksam ist. Bei schweren Diätfehlern können auch Medikamente den Anstieg der Triglyzeride nicht verhindern.

Statine, die häufig ohne genauere Diagnose als Cholesterinsenker verschrieben werden, hemmen die Cholesterinsynthese in der Leber und sind bei Hypertriglyzeridämien kontrainduziert. Hohe Triglyzeride verringern die Aktivität der Lipoproteinlipase, wodurch weniger LDL gebildet werden. Bei gleichzeitiger Einnahme von Statinen (Fettsenkern) werden die LDL zu sehr gesenkt, was sich ungünstig auf die Elastizität der Zellwände auswirkt und das Schlaganfallrisiko erhöht. Speziell zur Senkung erhöhter Triglyzeridspiegel stehen Fibrate, Nikotinsäure und Omega-3-Fettsäuren zur Verfügung.

  • Fibrate hemmen die Freisetzung freier Fettsäuren aus dem Fettgewebe und aktivieren die Lipoproteinlipase. Das senkt die VLDL und hebt vorübergehend die LDL an (siehe auch: Hypertriglyzeridämien – ein Risikofaktor für Arteriosklerose?). Sie fördern die Entstehung unerwünschter kleiner dichter LDL.
  • Nikotinsäure und deren Derivate hemmen die Lipolyse im Fettgewebe, wodurch weniger freie Fettsäuren zur Leber anfluten. Sie verschlechtern jedoch die Insulinsensitivität und können bei entsprechender Disposition eine diabetische Stoffwechsellage manifestieren.
  • Omega-3-Fettsäuren steigern die Beta-Oxidation in der Leber, beeinträchtigen die Neubildung von VLDL und steigern deren Abbau durch Aktivierung der Lipoproteinlipase. Sie begünstigen allerdings die Bildung kleiner dichter LDL und verschlechtern die Insulinsekretion in den Beta-Zellen. Omega 3-Fette oder auch größere Mengen an fettem Fisch sind beim Metabolischen Syndrom, der Dysbetalipoproteinämie wie auch bei bakteriellen Infektionen kontrainduziert. Omega 3-Kapseln werden angewendet, wenn die Triglyzeride nicht anders beeinflussbar sind oder vorher eine durch Chylomikronämie ausgelöste Pankreatitis vorlag.

Resümee

Hypertriglyzeridämien lassen sich häufig allein durch ernährungstherapeutische Maßnahmen beheben. Nur selten wird es notwendig, zusätzlich eine medikamentöse Therapie einzuleiten, die immer auch unerwünschte Nebenwirkungen hat. Für den Therapieerfolg sollte die Kost für einige Monate konsequent eingehalten werden. Auch nach Therapieende sind die Prinzipien einer Fettstoffwechsel-freundlichen Ernährung lebenslang zu beachten. Daher darf das Essen nicht als Diät empfunden werden, sondern als eine Kost, die individuell schmeckt und in das Leben des Betroffenen passt. Es hat wenig Sinn, mit ausgefeilten Nährstoffplänen zu arbeiten, die im Alltag nicht auf Dauer umsetzbar sind und darüber hinaus dazu führen können, die Therapie vorzeitig abzubrechen. Die besten Ergebnisse lassen sich mit einem Essen nach dem LOGI-Prinzip erreichen, besonders, wenn dieses flexibel gehandhabt wird und kleine Ausrutscher nicht als Esssünden geahndet werden.

Erhöhte Triglyzeridspiegel werden – wenn sie denn überhaupt gemessen werden – von Patienten und ihren Ärzten gern als unvermeidbarer Kollateralschaden anderer Erkrankungen oder als Zeichen ungünstiger Lebensführung hingenommen. Das ist fahrlässig, weil sie Vorbote für weitere Erkrankungen wie Insulinresistenz, Diabetes Typ 2 und Herzerkrankungen sein können. Häufig werden Triglyzeride viele Jahre früher auffällig, bevor vermeintlich „behandlungswürdigere“ Laborwerte den Betroffenen zum chronisch Kranken machen.

Erfahrungsgemäß finden sich auch bei vielen Patienten, die mit anderen ursächlichen Diagnosen in die Beratungspraxis kommen, Anzeichen eines gestörten Fettstoffwechsels. Die Basisdiagnostik der Lipide einschließlich der Triglyzeride zum Standard zu machen, würde ein riesiges Präventionspotenzial bedeuten. Allerdings müssen die betroffenen Patienten selbst einiges dafür tun, was weit über ein wenig Diäthalten hinausgeht. Das wird vielen gegen den Strich gehen. Jedoch ist zu bedenken, dass ein günstiger Lebensstil die einzige Möglichkeit ist, eine Hypertriglyzeridämie erfolgreich zu therapieren und damit die weit unangenehmeren Erkrankungen zu vermeiden oder um Jahre zu verzögern, die sich in der Folge einer unbehandelten Fettstoffwechselstörung einstellen können.

Verwendete Literatur

Werner O. Richter: Hypertriglyceridämie – Ein klinischer Leitfaden; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbh Stuttgart 2008; ISBN 978-3-8047-2451-8

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