Leberzirrhose – Krankheitsbild und Ernährungstherapie

Leberzirrhose ist ein langsam fortschreitender Untergang von Leberzellen infolge anhaltender Leberschädigung, wobei Lebergewebe allmählich durch bindegewebige, knotige Vernarbungen ersetzt wird. Durch Zellverlust sowie mangelhafte Durchblutung geht die normale Funktion des Organs mit der Zeit unwiderruflich verloren und führt letztlich zum Leberversagen.

Krankheitsbild Leberzirrhose im Überblick

Definition und Häufigkeit

Leberzirrhose ist ein langsam fortschreitender Untergang von Leberzellen infolge anhaltender Leberschädigung, wobei Lebergewebe allmählich durch bindegewebige, knotige Vernarbungen ersetzt wird. Durch Zellverlust sowie mangelhafte Durchblutung geht die normale Funktion des Organs mit der Zeit unwiderruflich verloren und führt letztlich zum Leberversagen.

Wie viele Menschen in Deutschland zirrhotische Leberveränderungen aufweisen, ist schwer zu beurteilen. Schätzungen gehen von rund 250 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner jährlich aus, wobei Männer etwa doppelt so häufig betroffen sind wie Frauen.

Ursachen und Risikofaktoren

Faktoren, die eine Zerstörung von Leberzellen verursachen, können bei langem Bestehen zur Leberzirrhose führen. Die häufigste Ursache in Deutschland ist chronischer Alkoholmissbrauch, wobei Frauen ab einer täglichen Zufuhr von 20 g Alkohol (etwa 250 ml Wein) bzw. Männer ab 60 g Alkohol (750 ml Wein oder 1,5 l Bier) mit Leberzirrhose rechnen müssen. Etwa 50 % der Fälle gehen auf Alkoholismus zurück, gefolgt von chronischen Virushepatiten die bei etwa 30 % der Patienten ursächlich sind.

Toxische Ursachen
  • Alkohol (verursacht anfänglich eine Fettleber, die sich über eine Fettleberentzündung zur Zirrhose weiterentwickelt)
  • Medikamente (wie das Chemotherapeutikum Methotrexat oder das antivirale Maraviroc)
  • Chemikalien (wie Insektizide)
Virale Ursachen
  • Hepatitis B
  • Hepatitis C
  • Hepatitis B + D
Autoimmunologische Ursachen
  • Autoimmunhepatitis (Entzündung der Leberzellen aufgrund eines fehlgeleiteten Immunsystems)
  • primäre biliäre Zirrhose (akute oder chronische Entzündung, die sich von den kleinen Gallengängen her ausbreitet)
Andere Ursachen
  • Stoffwechsel- bzw. Speicherkrankheiten wie Mukoviszidose, Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose), Kupferspeicherkrankheit (Morbus Wilson)
  • kardiale Zirrhose (Stauungsleber) z.B. durch chronische Rechtsherzinsuffizienz
  • Infektionskrankheiten wie Toxoplasmose

Symptome

Die Symptome können aufgrund der weitreichenden Funkionen der Leber sehr vielfältig sein und den gesamten Körper betreffen. So treten anfangs, infolge des eingeschränkten Nährstoffstoffwechsels, Leistungsschwächen und Abgeschlagenheit auf. Später zeigt der Körper Zeichen der mangelnden Entgiftung bzw. Ausscheidung, Durchblutungsstörungen sowie eine eingeschränkte Wirkung einiger Hormone.

Allgemeine Symptome

Aufgrund des gestörten Nährstoffstoffwechsels treten auf:

  • Leistungsschwäche
  • Müdigkeit, Abgeschlagenheit
  • Mangelernährung und zum Teil starke Gewichtsabnahme
  • Übelkeit
  • Druck im rechten Oberbauch sowie Krämpfe im Darmbereich durch Gasansammlung (Meteorismus)
Spezielle Symptome
  • Leberhautzeichen: Leberhautzeichen sind auffällige Anzeichen, die bereits ohne Laboruntersuchungen auf eine chronische Leberschädigung hinweisen. Viele dieser charakteristischen Veränderungen treten jedoch erst in späteren Stadien der Erkrankung auf und sind nicht bei jedem Patienten nachweisbar.
  • Gefäßspinnen: Durch den mangelnden Abbau von Östrogen in der Leber entstehen sichtbare Gefäßneubildungen direkt unter der Haut im Gesicht oder Rumpfbereich, wobei sich von einem stecknadelkopfgroßen Punkt aus feinste Kapillaren sternförmig ausbreiten.
  • Caput medusae: Aufgrund der Stauung im Pfortaderkreislauf bildet das Blutsystem Umgehungskreisläufe aus, die als geschlängelte, deutlich hervortretende Venen im Bauchnabelbereich sichtbar sind.
  • Palmaerytheme: Rötung der Handflächen
  • Milchglasnägel: Der verminderte Eiweißstoffwechsel führt zu Störungen der Keratinproduktion, was sich nach jahrelanger Leberschädigung durch aufgehellte, gewölbte, längsgerillte Fingernägel ohne Halbmond (Lunulae) bemerkbar macht.
  • Juckflechte: stark juckende, entzündliche Hautpapeln
  • Lackzunge: Infolge des Schwunds an Zungenpapillen erscheint die Zunge glatt und lackartig. Sie ist glänzend rot bis leicht lila und meist völlig belagfrei. Eine zusätzlich trockene Zunge ist ein ernst zunehmendes Anzeichen auf ein eventuelles Leberversagen.
  • Hautatrophie (Geldscheinhaut): raue Haut (vergleichbar mit der Oberfläche einer Dollarnote) insbesondere am Halsansatz und den Handaußenflächen durch Gewebeschwund (Hautatrophie) sowie unzählige feine Gefäßerweiterungen
  • Dupuyten-Kontrakturen: strangförmige Gewebeverhärtung die zu dauerhafter Beugung der Finger, insbesondere des Ringfingers führt (besonders bei alkoholbedingten Leberschäden, kommt jedoch auch bei Nichtlebererkrankten vor)
  • Hormonstörungen allgemein: Aufgrund des gestörten Cholesterinstoffwechsels fehlt der Grundbaustein für die Synthese von Steroidhormonen wie den Sexualhormonen. Zudem wirken einige von diesen, aufgrund der verminderten Abbaufunktion der Leber, länger auf den Organismus ein (z.B. Östrogen).
  • Hormonstörungen beim Mann: Verlust der Sekundärbehaarung besonders am Bauch (Bauchglatze); Libidoverlust, Potenzstörungen bis hin zur Impotenz; vermehrtes Wachstum des Brustdrüsengewebes (Gynäkomastie); Hodenatrophie („Schrumpfhoden“)
  • Hormonstörungen bei der Frau: Zyklusstörungen bis hin zum Ausbleiben der Menstruation (Amenorrhoe)
  • Weitere Dekompensationszeichen: Wird die Funktion der Leber so weit beeinträchtigt, dass der Organismus diese nicht mehr kompensieren kann, kommen die Symptome der Organstörung offen zutage.
  • Bauchwassersucht (Aszites): Durch die verminderte Albuminproduktion sinkt der osmotische Druck in den Blutgefäßen, wodurch Wasser zum Druckausgleich ins Gewebe übertritt und sich in der Bauchhöhle ansammelt.
  • Milzvergrößerung (Splenomegalie): tastbare Vergrößerung der Milz, da Blut aus den Verdauungsorganen nicht über die Leber abfließt und sich bis zur Milz zurückstaut.
  • Gelbsucht (Ikterus): Aufgrund der mangelnden Ausscheidung sammelt sich das gelbliche Hämoglobinabbauprodukt Bilirubin zunehmend im Körper, insbesondere in Haut, Schleimhäuten und Augenhornhaut an.
  • Hepatische Enzephalopathie: Aufgrund der verminderten Entgiftungsfunktion sammeln sich Giftstoffe wie Ammoniak im Körper an, durchschreiten die Bluthirnschranke und führen zu Funktionsstörungen im Gehirn (im schlimmsten Fall bis zum Leberkoma).
  • Gerinnungsstörungen: verminderte Bildung von Blutgerinnungsfaktoren
  • Ösophagusvarizen: Durch den eingeschränkten Blutabfluss verlagert sich der Blutfluss teilweise auf Umgehungskreisläufe in der Speiseröhre, die hier zu Krampfadern führen. Die dünnwandigen Gefäße reißen leicht, wodurch es (gefördert durch die verminderte Gerinnung) zu lebensbedrohlichen Blutungen kommen kann.

Diagnose und Diagnostik

Die Diagnostik der Leberzirrhose beginnt mit der Anamnese und der körperlichen Untersuchung des Patienten. Beim Abtasten fühlt sich die Leber meist vergrößert, teilweise verhärtet bzw. knotig an. Die typischen Hautleberzeichen treten jedoch erst relativ spät auf und können auch bei anderen Lebererkrankungen wie beispielsweise Fettleber vorkommen. Einige Patienten zeigen zu Beginn der Krankheit keine Symptome oder haben nur unspezifische Beschwerden.

Aufgrund der Leberschädigung und des Funktionsverlust zeigen sich bei der Laboruntersuchung Veränderungen verschiedener Leberparameter.

erniedrigt
  • Cholinesterase (CHE)
  • Albumin im Serum
  • Vitamin K-abhängige Gerinnungsfaktoren und Antithrombin III bzw. Quick-Wert (Gerinnungsfähigkeit des Blutes)
  • Thrombozyten (Blutplättchen) (bei Milzvergrößerung)
erhöht
  • Leberenzyme (während entzündlichem Schub) Gamma-GT; AST; ALT (bei Alkoholikern sind die AST- und ALT-Werte häufig niedriger als erwartet, da die Produktion dieser Vitamin B6-abhängigen Enzymen aufgrund der Mangelernährung vermindert ist)
  • Gamma-Globulin bei der Eiweißelektrophorese
  • Bilirubin, AP, LAP (bei Gallestau)
  • Ammoniak (im Spätstadium, häufig mit Gehirnschädigung verbunden)
  • Kreatinin, Harnstoff (Nierenversagen infolge der Leberzirrhose)

Häufige Begleit- und Folgeerkrankungen sowie Komplikationen

Ein häufiges Problem der leberzirrhotischen Patienten ist ein Mangelernährung, welcher entgegengewirkt werden muss. Ursachen hierfür sind:

  • eine verminderte Nahrungszufuhr (häufig bei Alkoholikern, die Mahlzeiten durch alkoholische Getränke ersetzen bzw. deren Geschmacksempfinden im Laufe der Erkrankung abnimmt)
  • eine verminderte Nährstoffaufnahme (z.B. durch vermindert Gallebildung)
  • eine veränderte Stoffwechsellage (verringertes Glukosespeichervermögen, gestörter Fettstoffwechsel)
  • erhöhte Eiweißverluste
  • Immobilisation (Abbau von Knochen- und Muskelmasse)

Ernährungsziele und diätetische Prinzipien

Ernährungsziele

Wesentliches Ziel ist das Vorbeugen einer Mangelernährung und der Ausgleich von bereits bestehenden Mangelerscheinungen (besonders bei Alkoholabhängigen wichtig). Auch eine Verbesserung der Leberfunktion durch eine optimale Ernährungsweise und Elimination von bestimmten Noxen, insbesondere Alkohol, kann angestrebt werden.

Langfristig gilt es, einer hepatischen Enzephalopathie vorzubeugen und Komplikationen wie Aszites- und Ödembildung oder Speiseröhrenvarizen entgegenzuwirken.

Diätetische Prinzipien

Empfehlenswert ist eine energie- und proteinreiche Ernährung mit einer hohen Nährstoffdichte. Je nach Stadium und Zustand des Betroffenen kann der Einsatz von MCT-Fetten sinnvoll sein. Auf Alkohol ist zu verzichten.

Nährstoffe und Nahrungsinhaltsstoffe

Mit zunehmender Schwere der Leberzirrhose ist der Energieverbrauch erhöht, insbesondere bei vorliegendem Aszites. Um die Energiezufuhr auf den individuellen Bedarf abzustimmen, sollte der Energieverbrauch genau festgestellt werden. Empfohlen wird eine hochenergetische Kost, mit einer Energiezufuhr von 30 bis 45 kcal pro Kilogramm Körpergewicht.

Die Kohlenhydratverwertung ist bei Betroffenen mit Leberzirrhose stark gestört. Insbesondere im fortgeschrittenen Stadium kann die Leber nicht mehr ausreichend Glukose verwerten bzw. als Glykogen speichern. Da die Leber in Nüchternphase der Hauptlieferant von Glukose für die restlichen Organe (allen voran das Gehirn) ist, kann es bei PatientInnen leicht zu Unterzuckerungen kommen. Bei etwa jedem Zweiten liegt zudem ein hepatogener Diabetes vor.

Die Aufnahme oder die Verwertung von Fett kann bei einer fortgeschrittenen Leberzirrhose gestört sein. Allerdings hängt dies von der Ursache und dem Ausmaß der Erkrankung ab. Eine über die Normalempfehlungen erhöhte Fettzufuhr ist nicht notwendig, allerdings sollte ein besonderes Augenmerk auf der Fettqualität liegen.

Bei unzureichender Gallebildung können langkettige Fettsäuren durch mittelkettige Fettsäuren (MCT-Fette) ausgetauscht werden, die gallensäureunabhängig aufgenommen werden. Hierbei ist jedoch auf eine zusätzliche Ergänzung mit essenziellen Fettsäuren wie Linolsäure sowie fettlöslichen Vitaminen zu achten.

Mikronährstoffe

Bei der fortgeschrittenen Leberzirrhose besteht aufgrund des gestörten Gallensäuremetabolismus ein Defizit an fettlöslichen Vitaminen. Zusätzlich entsteht häufig aus der Fehlernährung und dem Alkoholismus ein Mangel an B-Vitaminen und Folsäure. Auch die Magnesium-, Zink-, Phosphat- und Kalziumkonzentrationen sind erniedrigt. Patienten, bei denen die Leberzirrhose aus einer Morbus Wilson Erkrankung resultiert, sollten kupferreiche Lebensmittel wie Meeresfrüchte, Innereien, Nüsse und Pilze meiden. Bei einer Aszites- und Ödembildung muss insbesondere auf eine Verringerung der Natriumaufnahme geachtet werden (Die Natriumaufnahme sollte 3 g täglich nicht überschreiten).

Der Eiweißbedarf ist bei Leberzirrhosepatienten erhöht. Das Eiweißbilanzminimum liegt bei 0,8 g pro Kilogramm Körpergewicht. Eine positive Stickstoffbilanz wird erst ab einer Zufuhr von täglich 1,2 g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht erreicht. Der Bedarf kann bei schwerer Unterernährung auf 1,5 g pro Kilogramm Körpergewicht ansteigen, in einzelnen Fällen auch höher.

Lediglich bei schwer therapierbarer hepatischer Enzephalopathie ist die Eiweißzufuhr einzuschränken, um die Ammoniakbildung möglichst gering zu halten. Zur Bedarfsdeckung an essenziellen Aminosäuren können Aminosäurengemische eingesetzt werden. Häufig bietet sich auch eine ergänzende Zufuhr an verzweigtkettigen Aminosäuren (VKAS) an, die den Eiweißstoffwechsel in den verbleibenden Leberzellen ankurbeln und gleichzeitig den Eiweißabbau im Muskel vermindern.

Bei nicht-enzephalopathischen Zirrhosepatienten empfiehlt sich eine vorwiegend pflanzliche Kost, da Eiweiß aus Hülsenfrüchten und Kartoffeln höhere Gehalte an verzweigtkettigen Aminosäuren aufweist.

Lebererkrankungen sind die häufigsten Folgeerkrankungen chronischen Alkoholkonsums [Reu 2008]. Eine Fettleber tritt in bis zu 90 %, eine Alkoholhepatitis in bis zu 50 % und eine Leberzirrhose bei 20 bis 30 % der Fälle auf. Die Akutmortalität der Alkoholhepatitis liegt zwischen 15 und 40 % [Cec 2006]. Mit einer deutlichen Risikosteigerung für Lebererkrankungen ist bei Männern ab einem täglichen Alkoholkonsum zwischen 40 und 60 g und bei Frauen zwischen 20 und 30 g zu rechnen. Das Risiko einer Leberzirrhose steigt bereits bei kleinen Mengen. In der Pathogenese spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Hierzu zählen beispielsweise:

  • Veränderungen des Immunsystems,
  • die toxische Wirkung des Alkoholabbauprodukts Azetaldehyd,
  • metabolische Begleiterscheinungen wie oxidativer Stress,
  • Endotoxin- und Zytokinexpression,
  • die Aktivierung neutrophiler Granulozyten sowie
  • Ernährungsfaktoren.

Bei Alkoholmissbrauch sterben Leberzellen ab. Dies ist unter anderem abhängig von Körpergewicht, Gesundheitszustand und Medikamenteneinnahme.

Lebensstil und Lebenssituationen, Sonstiges

Mikroplastik

Forschende des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf und der Universität Hamburg haben in einer gemeinsamen Studie 6 verschiedene Mikroplastikpolymere im Lebergewebe bei PatientInnen mit Leberzirrhose nachgewiesen. Bislang war unklar, ob sich Mikroplastik in inneren Organen ablagern kann [Hor 2022].

Interessant dabei ist, dass die Mikropartikel nicht bei Gesunden nachgewiesen werden konnten. Die Forschenden vermuten, dass erkranktes Lebergewebe durch einen erhöhten Pfortaderdruck sowie eine erhöhte Durchlässigkeit der Darmbarriere für die Aufnahme der Partikel verantwortlich sind.

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