In zahlreichen Pflanzenzellen, vor allem aber im Obst, finden sich organische Säuren. Die bekanntesten Vertreter sind Äpfelsäure, Essigsäure, Zitronensäure, Weinsäure und Oxalsäure. Oxalsäure zählt zu den antinutritiven Stoffen, da diese die Verfügbarkeit von Mineralstoffen vermindert und bestimmte Erkrankungen fördern kann.
Oxalsäure – Grundlagen
Aspekte zum Stoffwechsel
Oxalsäure ist eine wasserlösliche organische Carbonsäure, die von Mensch und Tier in verschiedenen Stoffwechselprozessen entsteht und anschließend über die Nieren (Harn) ausgeschieden wird.
Die mit dem Harn ausgeschiedene Oxalsäure stammt zu 5–50 % aus der Nahrung [Mas 2007]. Der überwiegende Teil entsteht im Stoffwechsel, insbesonderen von Aminosäuren und Vitamin C [Jae 2004].
Oxalsäure wird im gesamten Magen-Darm-Trakt aufgenommen. Die Verfügbarkeit von Natrium- und Kaliumoxalat ist relativ hoch, die von Kalzium-, Magnesium- und Eisenverbindungen schlecht.
Da Oxalsäure im Organismus nicht abgebaut werden kann, erfolgt die Ausscheidung über die Nieren. Die normale Konzentration im Harn beträgt weniger als 50 mg pro Tag. Steigt die Zufuhr über die Nahrung deutlich an (>180 mg/Tag), erhöht sich auch die Oxalsäuremenge im Harn.
Vorkommen
Die organische Säure kommt nur in vergleichsweise wenigen Nahrungsmitteln in sehr hohen Mengen vor. Hierzu zählen einige Gemüse- (Mangold, Portulak, Spinat, Rhabarber, Rote Bete, Sauerampfer) und Obstsorten (Stachelbeeren) sowie Nüsse, Getreideprodukte (Kleie), Kaffee, schwarzer Tee und Kakao (Schokolade).
Fleisch, Wurst und Eier sowie Milch/-erzeugnisse und Speiseöle sind nahezu oxalsäurefrei oder enthalten nur minimale Mengen.
Die Gehalte in Nahrungsmitteln können in Abhängigkeit von Anbau und Sorte stark schwanken. Das gleiche gilt für verschiedene Pflanzenteile ein und derselben Pflanze. Beim Rhabarber sind die höchsten Mengen in den Blättern enthalten.
Zufuhrempfehlungen
Beim gesunden Menschen rufen tägliche Mengen zwischen 600 und 700 mg in der Regel keine Nebenwirkungen/ schädliche Wirkungen hervor. Ist die Mineralstoffzufuhr an Kalzium, Magnesium und Eisen sowie Ballaststoffen ausreichend, ist die Ausscheidung von Oxalsäure mit dem Harn eher niedrig.
Patienten mit Nierenerkrankungen oder Neigung zu Kalziumoxalatsteinen sollten auf den Verzehr oxalsäurereicher Lebensmittel verzichten.
Toxizität
Für reine Oxalsäure liegt die tödliche Dosis zwischen 5 und 15 g. Beim Verschlucken kann es zu Verätzungen des Rachens und des Gastrointestinaltraktes sowie zu Darmblutungen, Nierenversagen, Hämaturie, Krämpfen und Kreislaufkollaps kommen.
Übliche Verzehrsgewohnheiten liefern deutlich geringere Mengen, sodass eine Vergiftung durch Lebensmitteln unwahrscheinlich ist. Ausnahmen waren in der Vergangenheit der Verzehr von Sauerampfersuppe oder auch von Rhabarberblättern.
Erste Anzeichen für eine zu hohe Zufuhr sind ein unangenehmes Mundgefühl oder auch „Stumpfwerden“ der Zähne durch Ablagerung der Oxalatverbindungen auf den Zähnen.
Interaktionen und Bioverfügbarkeit
Ballaststoffe: Ballaststoffe in Lebensmitteln können sowohl Kalziumoxalatkristalle als auch lösliche Oxalate binden. Dadurch sinkt die Verfügbarkeit an Oxalsäure.
Mineralstoffe: Die gleichzeitige Aufnahme von Mineralstoffen (z. B. Kalzium, Magnesium) kann die Aufnahme von Oxalsäure im Darm deutlich reduzieren [Jae 2004]. Daher rührt bei indizierter oxalsäurearmer Ernährung auch die Empfehlung, oxalsäurereiche Lebensmittel mit Milch/-erzeugnissen einzunehmen. Andererseits kann eine einseitige Ernährung (hohe Oxalsäurezufuhr, niedrige Mineralstoffzufuhr) einen Mineralstoffmangel begünstigen.
Vitamin C: Beim Abbau von Vitamin C fällt im Körper Oxalsäure an. Inwieweit sich dies negativ, zum Beispiel auf die Bildung von Kalziumoxalatsteinen, auswirkt, ist unklar. Von Hochdosen an Vitamin C ist aber sicherheitshalber abzuraten.
Mikrobiom: Einige wenige Mikroorganismen im Dickdarm (z. B. Oxalobacter formigenes) können Oxalsäure abbauen. Oxalobacter formigenes ist natürlicher Bestandteil der Darmflora, kann aber durch wiederholte/längerfristige Behandlung mit Breitbandantibiotika deutlich reduziert bis eliminiert werden. In der Folge steigt die Bioverfügbarkeit an Oxalat [Jae 2004].
Wässern und Kochen: Der Gehalt an verfügbarer Oxalsäure in Lebensmitteln sinkt durch Kochen und Wässern zum Teil erheblich, da Oxalsäure ins Wasser übergeht.
Oxalsäure – Ernährungstherapeutische Aspekte
Bei der Dialyse wird mit der Nahrung aufgenommene sowie in der Leber gebildete Oxalsäure nicht (ausreichend) eliminiert. In der Folge steigt der Blutspiegel mitunter stark an [Erm 2017].
Untersuchungen zeigen, dass sich dies negativ auf das kardiovaskuläre Risiko auswirken kann. In den Studien stiegen sowohl Gesamtmortalität als auch kardiovaskuläre Ereignisse bei erhöhten Oxalatspiegeln. Das Risiko steigt mit zunehmender Konzentration von Oxalsäure im Blut. Bei bereits bestehenden Herzerkrankungen war das Risiko noch höher [Gul 2015] [Pfa 2021]. Die ForscherInnen vermuten, dass durch die Anreicherung des Blutes mit Oxalsäure eine spezifische Myokardfibrose entsteht.
Damit scheint gesichert, dass nicht eliminierte Oxalsäure mit kardiovaskulären Ereignissen bei DialysepatientInnen direkt in Verbindung steht. Die Forschenden haben sich daher für eine genauere Abklärung des Risikos ausgesprochen.
Infolge einer Steatorrhoe gehen vermehrt Kalziumionen infolge der Bindung des Kalziums an die Fettsäuren im Darm verloren. Diese stehen zur Bindung von Oxalsäure nicht mehr zur Verfügung. In der Folge steigt die Oxalsäureaufnahme und -ausscheidung mit dem Harn (Hyperoxalurie). Das wiederum fördert die Bildung von Harnsteinen [Medizin Wissen].
Oxalsäure im Harn verbindet sich mit vorhandenen Kalziumionen zu unlöslichen Komplexen. Wird eine Sättigungsschwelle überschritten, fallen die Komplexe aus und können Kalziumoxalatsteine bilden.
70–75 % aller Harnsteine bestehen aus Kalziumoxalat. Eine Hyperoxalurie (>0,5 mmol/d Oxalsäure im Urin) gilt als ein Hauptrisikofaktor für deren Entstehung. Sehr selten liegt ein genetisch bedingter Enzymdefekt, eine primäre Hyperoxalurie, vor. In den meisten Fällen ist die Aufnahme von Oxalsäure im Darm erhöht. Mögliche Ursachen sind eine erhöhte Zufuhr oder Erkrankungen. In vielen Fällen ist die Ursache unklar [Wei 2009].
Bei Kalziumoxalatsteinen empfiehlt sich eine oxalsäurearme Kost, idealerweise bei gleichzeitig steigendem pH-Wert des Harns und steigendem Harnvolumen.
Bei PatientInnen mit nachgewiesenen Oxalatnierensteinen sollte eine oxalsäurearme Ernährung erfolgen [DGVS 2015].
Eine rein pflanzliche Ernährung kann das Risiko für Nährstoffmängel erhöhen. Dies hängt von der Auswahl und dem Verarbeitungsgrad der Lebensmittel ab. Werden Milch/-erzeugnisse gemieden und nicht ausreichend alternative Kalziumquellen konsumiert, kann hier die Zufuhr unzureichend sein. Gleichzeitig wird durch einen höheren Anteil pflanzlicher Lebensmittel in der Ernährung vermehrt Oxalsäure aufgenommen [Wei 2009]. Bei bestimmten genetischen Veranlagungen (z. B. Harnsteine) kann dies zu Beschwerden führen.
Relevante Erkrankungen des Stoffwechsels
Primäre Hyperoxalurie Typ 1
Bei der Hyperoxalurie vom Typ 1 handelt es sich um eine seltene, genetisch bedingte Stoffwechselkrankheit. Dabei ist das für den Umbau von Glyoxalat in Glycin benötigte Enzym in der Leber gestört. In dessen Folge steigt die Konzentration an Oxalsäure in Blut und Harn stark an. Durch die Übersättigung des Harns mit Oxalsäure kann sich diese mit Kalzium zu Harn- und Nierensteinen zusammenlagern, die die Funktion der Nieren beeinträchtigen. Das kann im schlimmsten Fall zu Niereninsuffizienz und Nierenversagen führen.
Als Therapie kam bislang nur eine Lebertransplantation infrage. Forschenden ist es nun gelungen, mit einer Lumasiran-Behandlung die Oxalsäure-Konzentration bei Betroffenen deutlich zu senken [Gar 2021]. Bei den meisten TeilnehmerInnen sanken nach einigen Monaten die Werte auf Normalmaß. Die Verträglichkeit war dabei sehr hoch; schwere Nebenwirkungen traten nicht auf.
In Deutschland wurde Lumasiran zur Behandlung der Hyperoxalurie im Juli 2021 zugelassen [G-BA 2021].
Primäre Hyperoxalurie Typ 2
Bei dieser Form ist das Enzym lyoxylat-Reductase/Hydroxypyruvat-Reductase gestört. Auch hier akkumuliert Oxalsäure im Harn und führt zu Einschränkungen der Nierenfunktion.
Primäre Hyperoxalurie Typ 3
Die dritte Form ist durch eine Mutation im Gen für das Enzym 2-Keto-4-Hydroxy-Glutarat-Aldolase bedingt.
Sekundäre Hyperoxalurie
Die sekundäre Hyperoxalurie geht auf verschiedene Grunderkrankungen zurück. Auch ein übermäßiger Konsum oxalsäurereicher Lebensmittel kann ursächlich sein.
Weitere organische Säuren
Äpfelsäure
Die Äpfelsäure wurde erstmals 1785 von Carl Wilhelm Scheele aus Apfelsaft isoliert und beschrieben. Sie kommt in allen lebenden Zellen vor. In der Natur ist Äpfelsäure in unreifen Äpfeln , Quitten, Weintrauben, Berberitzebeeren, Vogelbeeren und Stachelbeeren enthalten. Von allen Genusssäuren besitzt die Äpfelsäure den stärksten Sauergeschmack. Im menschlichen Organismus spielt Äpfelsäure im Citratzyklus eine Rolle. Es werden zwei verschiedene Formen unterschieden: die D- und die L-Äpfelsäure, die beide als Lebensmittelzusatz eingesetzt werden. Die L-Äpfelsäure ist die natürliche Form, die D-Äpfelsäure wird synthetisch hergestellt. Die Äpfelsäure und ihre Salze (Malate) werden auf chemischem Weg aus Fumarsäure, beziehungsweise als Stoffwechselprodukt von Bakterien und Pilzen gewonnen. Sie ist für Lebensmittel ohne Höchstmengenbeschränkung zugelassen und wird vor allem für Säfte, Fertigsuppen, Soßen, Obsterzeugnisse, Limonaden und zuckerfreien Produkten verwendet.
Essigsäure
Essigsäure ist die wichtigste organische Säure. Sie kommt in der Natur verbreitet in Form ihrer Salze und Ester vor. In Pflanzen bildet sich Essigsäure durch die Gärung verdünnter wässriger Lösungen von Alkohol unter dem Einfluss von Essigsäurebakterien. Im menschlichen Organismus wird bei dem Abbau von Fettsäuren über die ß-Oxidation Buttersäure und Essigsäure frei. In der Lebensmittelindustrie wird sie synthetisch hergestellt. Essigsäure und ihre Salze Kaliumacetat, Natriumacetat und Kalziumacetat werden als Konservierungsmittel und Säuerungsmittel in Dosengemüse und –obst, in Fischkonserven und Fertigsalaten, Mayonnaisen und Salatsoßen eingesetzt. Die konservierende Wirkung beruht auf einer Absenkung des pH-Wertes, was einen Anstieg des Säuregehaltes bedeutet. Die Essigsäure spielt eine große Bedeutung als Geschmacksstoff. Als Lebensmittelzusatzstoff trägt Essigsäure die E-Nummer 260.
Weinsäure
Weinsäure ist eine starke Fruchtsäure, die in vielen Pflanzen vorkommt. Weinsäure wirkt als Komplexbildner, der Schwermetallspuren in Lebensmitteln an sich bindet und unwirksam macht. Es werden zum einen die L-Weinsäure und die D-Weinsäure unterschieden. Die L-Weinsäure sowie deren Kalzium-, Kalium- und Magnesiumsalze finden sich reichlich in den Trauben und Blättern des Weinstocks, sowie im Löwenzahn, Zuckerrüben und in verschiedenen Früchten. In der Lebensmittelindustrie wird nur die natürliche L-Form der Weinsäure verwendet. Sie wird auf chemischem Weg aus Weinstein, einem Nebenprodukt bei der Weinherstellung, gewonnen und ist als Lebensmittelzusatzstoff unbedenklich zugelassen. Sie finden in Backwaren, Süßwaren, Speiseeis, Limonade, Sülzen, Desserts, Fetten, Frucht- und Gemüsekonserven ihre Verwendung. Die beiden Salze Natriumtartrat und Kaliumtartrat kommen als Backtriebmittel zum Einsatz.
Zitronensäure
Zitronensäure ist eine der am weitesten verbreiteten organischen Säuren in der Pflanzenwelt. Sie tritt als Stoffwechselprodukt in allen Organismen auf. Zitronensäure spielt in Form ihrer Citrate als Zwischenprodukt des menschlichen Stoffwechsels, genauer gesagt im Citratzyklus, eine Rolle. Sie kommt vor allem in Zitrusfrüchten, Äpfeln, Birnen, Himbeeren, Johannisbeeren, in Pilzen, Wein, Tabakblättern und Nadelhölzern vor. In der Lebensmittelindustrie werden Zitronensäure und ihre Salze als Antioxidationsmittel, Säuerungsmittel oder zur Konservierung eingesetzt. Als Komplexbildner findet sie in Süßwaren, Gelees, Getränken, Frucht- und Gemüsekonserven Verwendung. Zitronensäure besitzt die Eigenschaft der Blutgerinnung. Aus diesem Grund wird sie Blutkonserven als Konservierungsmittel zugesetzt. Zur Blutanalyse wird dickflüssiges Blut ebenfalls mit einer Zitronensäurelösung verdünnt.
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