Pankreas (Bauchspeicheldrüse) und Pankreasdiagnostik

Das Pankreas produziert eine Reihe wichtiger Verdauungsenzyme bzw. Enzymvorstufen (exokrine Funktion), die der Spaltung von Kohlenhydraten, Fetten und Eiweißen dienen. In den Inselzellen produziert die Drüse zudem Insulin und dessen Gegenspieler Glukagon (endokrine Funktion). Beide Hormone sind für die Regulation des Blutzuckerspiegels von großer Bedeutung. Erkrankt das Organ, ist die Funktion entsprechend beeinträchtigt und es kommt zu Verdauungsbeschwerden wie Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Blähungen und Fettstühlen. Infolge der eingeschränkten Insulinproduktion gerät zudem der Blutzuckerspiegel aus dem Gleichgewicht und erhöht das Risiko für Diabetes mellitus.

Anatomie (Aufbau)

Grobaufbau

Unsere Bauchspeicheldrüse (Pankreas) ist ein längliches, quer im Oberbauch liegendes Organ. Es streckt sich bis zur Rückseite der Bauchhöhle. Das erklärt auch, warum bei Erkrankungen des Organs sowohl Bauch- als auch Rückenschmerzen auftreten.

Die Bauchspeicheldrüse besteht aus dem Kopf (Caput pancreatis), dem Körper (Corpus pancreatis) und dem Schwanz (Cauda pancreatis). Die Drüse wird durchzogen von einem etwa 2 mm dicken Ausführungsgang (Ductus pancreaticus) für den Pankreassaft, der gemeinsam mit dem Gallengang in den Zwölffingerdarm mündet. Das verhältnismäßig kleine Organ ist etwa 12 bis 15 cm lang und wiegt in aller Regel zwischen 60 und 80 g. Es liegt zwischen dem Zwölffingerdarm, dem Magen und der Milz.

Feinbau

Dem Organ obliegen 2 wesentliche Funktionen. Die Bauchspeicheldrüse besteht zum überwiegenden Teil (ca. 98 %) aus exokrinem Drüsengewebe, das die Verdauungssäfte bildet. Durch ein fein verzweigtes Gangsystem in den Darm abgegeben, spalten diese die Nahrungsbestandteile auf. Die restliche Organmasse (ca. 2 %) ist endokrines Drüsengewebe, das für die Produktion bestimmter Hormone zuständig ist. Diese gelangen direkt ins Blut und regulieren vor allem den Blutzuckerspiegel.

Das exokrine Drüsengewebe gliedert sich in Lappen (Lobi), die sich wiederum in Läppchen (Lobuli) unterteilen. Die kleinste Einheit sind die Drüsengänge (Azini). In den dazugehörigen Azinuszellen werden die Vorstufen der Verdauungsenzyme gebildet.

Aufgaben und Funktionen

Endokrine Funktion

Allgemeines

Das endokrine Drüsengewebe bildet den Inselzellapparat. Dieser umfasst zahlreiche Zellhaufen (Langerhans‘sche Inseln), die zwischen den exokrinen Zellläppchen über das gesamte Pankreas verteilt sind. Jede Insel besteht aus tausenden hormonproduzierenden Zellen.

B-Zellen: Die Beta- oder B-Zellen umfassen rund 70-80 % des Inselzellapparats und synthetisieren das Hormon Insulin. Es sorgt dafür, dass der Blutzuckerspiegel sinkt.

A-Zellen: Die Alpha- oder A-Zellen befinden sich größtenteils in der Peripherie des Pankreas und bilden das Hormon Glukagon, den Gegenspieler von Insulin. Es bewirkt einen Blutzuckeranstieg. Der Anteil der A-Zellen am endokrinen Drüsengewebe beträgt etwa 15-20 %.

D-Zellen: Die Delta- oder D-Zellen (Anteil 5 %) produzieren das Hormon Somatostatin, welches unter anderem die Freisetzung von Insulin und Glukagon aus den benachbarten Zellen hemmt.

PP-Zellen: Ein vierter Zelltyp, die PP-Zellen, bilden das sogenannte Pankreatische Peptid. Der Anteil dieser Zellen ist mit 1-2 % jedoch verschwindend gering.

Die in diesen Langerhans-Zellen gebildeten Hormone Insulin und Glukagon spielen eine essenzielle Rolle für die Regulation des Blutzuckerspiegels. Da die Hormone direkt ins Blut abgegeben werden, sind die Pankreasinseln besonders gut von Blutgefäßen durchzogen. Bei den Langerhans-Zellen werden im Wesentlichen drei Zelltypen unterschieden.

Exokrine Funktion

Allgemeines

Täglich werden von dem doch recht kleinen Organ etwa 1,5 bis 2 Liter Pankreassekret gebildet. In nüchternem Zustand wird nur wenig Pankreassaft produziert. Während der Nahrungsaufnahme aber führen Anblick, Geruch, Geschmack, Kauen und Schlucken der Speisen – vermittelt durch den Nervus vagus – bereits zu einer vermehrten Freisetzung von Enzymen und Hydrogenkarbonat. Die Enzyme werden im Pankreas teilweise als inaktive Vorstufen gebildet, gespeichert und bei Bedarf in die Drüsengänge abgegeben. Diese würden in ihrer aktiven Form das Pankreasgewebe „verdauen“ und beschädigen. Erst im Dünndarm werden die Vorstufen durch ein dort im Bürstensaum ansässiges Enzym (Protease) aktiviert. Dieses Anschalten der Enzyme unterliegt feinen Schutzmechanismen.

Enzyme

Der meist als Sekret bezeichnete fertige Pankreassaft besteht aus allerlei „Zutaten“, die zusammengenommen eine große Rolle für die Verdauung spielen. Das Sekret enthält zahlreiche Enzyme, welche die mit der Nahrung aufgenommenen Nährstoffe in ihre jeweiligen Grundbausteine zerlegen. Sogenannte Amylasen teilen Kohlenhydrate in Einfachzucker. Eiweiße werden durch Peptidasen in Aminosäuren getrennt. Und Lipasen spalten Fette und Cholesterin. Diese kleinsten Einheiten können anschließend von der Darmschleimhaut aufgenommen und ins Blut abgegeben werden.

Bikarbonat

Die mit Bikarbonat angereicherte Flüssigkeit neutralisiert zudem den durch den sauren Magensaft angedauten Nahrungsbrei. Damit wird die Dünndarmschleimhaut vor den Säuren geschützt.

Elektrolyte

Auch die Zusammensetzung der Elektrolyte des Pankreassekretes hängt vom Nahrungsstatus ab. Der aus dem Magen in den Darm gelangende Speisebrei ist nach der Durchmischung mit Magensaft sehr sauer (pH-Wert 1-2). Dieser wird für den weiteren Transport und die Wirkung des Pankreassaftes neutralisiert, weil dessen Enzyme bei saurem pH-Wert ihre Funktionen nicht erfüllen können. Der Pankreassaft enthält deshalb eine hohe Konzentration an Bikarbonat, das zusammen mit alkalischen Sekreten der Leber und des Darms die Säuren neutralisiert. Regulierend greift hier unter anderem das Hormon Sekretin ein.

Bauchspeicheldrüsenerkrankungen

Werden die B-Zellen des Pankreas zerstört, entwickelt sich das Krankheitsbild des Diabetes mellitus. Die Zerstörung der B-Zellen durch Autoimmunvorgänge wird dabei als Typ 1 bezeichnet. Falsche Lebensgewohnheiten und bestimmte Umweltfaktoren sind die Ursachen für den Diabetes mellitus Typ 2. Hier sprechen die Körpergewebe nur noch unzureichend auf das Hormon Insulin an. Diabetes mellitus kann unbehandelt bzw. schlecht eingestellt zu schweren Schäden und Komplikationen führen.

Krebserkrankungen (Pankreaskarzinom)

Das bösartige Pankreaskarzinom befindet sich am häufigsten im Pankreaskopf. Es handelt sich um einen sehr aggressiven Tumor, der meist erst dann entdeckt wird, wenn bereits Metastasen entstanden sind. Zudem sind die Symptome eher unspezifisch, was eine Diagnose erschwert. Hierzu gehören zum Beispiel diffuse Oberbauchschmerzen oder Gewichtsverlust. Die Heilungschancen sind durchschnittlich sehr gering.

Bei der Erbkrankheit Mukoviszidose (cystische Fibrose, CF), ist der Chlorid-Ionenkanal CFTR defekt, wodurch der Wasser- und Elektrolyttransport gestört ist. In den exokrinen Drüsen des Körpers, und damit auch im Pankreas, entsteht zäher Schleim anstelle eines dünnflüssigen Sekrets. In der Bauchspeicheldrüse ist die Freisetzung der Verdauungssäfte beeinträchtigt, was zu einer gestörten Verdauung führt. Die Betroffenen sind mit chronischen Durchfällen und Wachstumsstörungen konfrontiert. Die Lebenserwartung ist deutlich geringer und liegt bei über 40 Jahren.

Die Entzündung der Bauchspeicheldrüse wird in den meisten Fällen durch chronischen Alkoholmissbrauch oder Gallensteine verursacht. Es wird zwischen der akuten und der chronischen Pankreatitis unterschieden. Bei der akuten Form kommt es zu einer Aktivierung der Verdauungsenzyme bereits im Organ, sodass dieses „verdaut“ und beschädigt wird. Das verursacht die typischen gürtelförmigen Bauchschmerzen. Die chronische Form geht auf verschiedene Ursachen, meist auch hier Alkoholmissbrauch, zurück und hat teils sehr unterschiedliche Verläufe. Bei beiden Erkrankungen kommt der Ernährungstherapie ein hoher Stellenwert zu.

Pankreasdiagnostik

Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse machen sich in erster Linie durch akute Bauchschmerzen im Oberbauch bemerkbar und nehmen mitunter einen dramatischen Verlauf. Mögliche Ursachen der Erkrankung werden durch Anamnese und weitere körperliche Untersuchungen sowie bildgebende Verfahren ermittelt. Darüber hinaus ermöglicht das Bestimmen spezifischer Pankreaswerte im Blut Rückschlüsse auf die Organfunktion. Neben dem großen Blutbild konzentriert sich die Laboranalyse besonders auf die Aktivität der Pankreasenzyme, der Entzündungsmarker sowie der Leber- und Blutzuckerwerte.

Pankreasenzyme

Allgemeines

Bei einer Schädigung des Pankreasgewebes treten vermehrt Pankreasenzyme ins Blut über, wodurch im Serum erhöhte Enzymaktivitäten feststellbar sind. Die Bestimmung der Enzyme erfolgt in der Regel bei Verdacht auf eine akute Pankreatitis oder einen akuten Schub einer chronischen Pankreatitis. Ein Anstieg um mindestens das 3-fache (oberhalb des Referenzwertes) spricht mit großer Wahrscheinlichkeit für eine Entzündung des Organs. Allerdings werden auch bei anderen Erkrankungen erhöhte Werte beobachtet. Zudem können bei langjährigem Alkoholmissbrauch oder vorausgehender chronischer Pankreatitis derartige Veränderungen fehlen, da die Enzymproduktion in der Drüse bereits erschöpft ist.

Die Bestimmung der Pankreasenzyme erlaubt nur in Teilen eine Einschätzung über die Funktion der Bauchspeicheldrüse. Über das Ausmaß oder den Schweregrad der Erkrankung sagt die Enzymaktivität jedoch nichts aus.

Amylase

Die Bestimmung der Amylase zählt im Rahmen der Diagnostik von Pankreaserkrankungen zu den wohl häufigsten Enzymanalysen. Nach Meinung einiger Fachleute ist diese aufgrund der geringen Spezifität jedoch verzichtbar. Der Amylase-Wert steigt meist wenige Stunden nach Einsetzen der Schmerzen stark an, erreicht nach etwa 20 Stunden den Höhepunkt und normalisiert sich innerhalb weniger Tage. Durch die geringe Halbwertszeit kann es daher vorkommen, dass die Werte trotz klinischer Befunde im Normbereich liegen.

Lipase

Die Lipase hingegen ist deutlich länger nachweisbar und ermöglicht so, auch länger zurückliegende Schädigungen der Bauchspeicheldrüse zu erfassen. Insbesondere bei Alkohol-induzierten Formen der Pankreatitis gilt die Bestimmung der Lipase-Serumkonzentration als besser geeignet, da in diesen Fällen der Amylase-Anstieg häufig geringer ausfällt oder fehlt. Allerdings ist die Lipase ebenfalls nicht pankreasspezifisch und erhöhte Werte können auch auf andere Erkrankungen hinweisen.

Elastase

Die Elastase gilt als spezifischer Marker, da das Enzym (fast) ausschließlich in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird. Die Bestimmung der Elastase im Stuhl liefert verlässliche Hinweise auf eine chronische Pankreatitis und dient der Beurteilung der exokrinen Pankreasfunktion. Erniedrigte Werte weisen darauf hin, dass die Produktion von Verdauungsenzymen in der Bauchspeicheldrüse beeinträchtigt ist. Erhöhte Konzentrationen im Serum sprechen für eine akute Entzündung des Organs. Im Vergleich zu Amylase und Lipase ist die Elastase, bedingt durch eine längere Halbwertszeit, einige Tage länger nachweisbar.

Trypsin und Chymotrypsin

Die Bestimmung anderer Pankreasenzyme wie Trypsin und Chymotrypsin ist aufgrund der vergleichsweise begrenzten Aussagekraft eher unbedeutend.

Weitere Parameter

C-reaktives Protein (CRP)

Das C-reaktive Protein dient als nützlicher Marker für Entzündungsreaktionen aller Art. Wie alle anderen Entzündungsmarker ist jedoch auch CRP nicht pankreasspezifisch. Im Rahmen der Pankreas-Diagnostik gibt der Grad der Erhöhung Auskunft über das Ausmaß und den Verlauf des Entzündungsgeschehens.

Leberwerte

Die Bestimmung der Leberwerte kann weitere Hinweise zur Ursache der Erkrankung liefern. Erhöhte Gamma-GT-, GOT und/oder GPT- Werte können beispielsweise auf einen alkoholbedingten Leberschaden hinweisen. Eine Erhöhung von Gamma-GT, der Alkalischen Phosphatase und Bilirubin deutet auf eine biliäre Ursache hin – also ein mögliches Gallensteinleiden, das die Bauchspeicheldrüse in Mitleidenschaft zieht. Die Bestimmung von CDT (Carbohydrat-defizientes Transferrin) kann mitunter hilfreich sein, um den Verdacht auf eine alkoholinduzierte Pankreatitis abzuklären.

Scores

Zudem wurden spezielle Scores entwickelt, die klinische und laborchemische Parameter kombinieren und so eine Einschätzung des Schweregrads einer Erkrankung ermöglichen sollen. Zu den am häufigsten verwendeten prognostischen Scores zählen der Ranson-Score, die Glasgow-Prognosekriterien (Imrie-Score) [Bla 1984] sowie das APACHE-II-Klassifizierungssystem [Kna 1985] und der Balthazar-Score [Leu 2005].

Sonstige

Neben den bereits erwähnten Werten gibt zahlreiche laborchemische Parameter, die im Rahmen der Pankreatitis-Diagnostik regelmäßig kontrolliert werden. Dies dient vor allem dem frühzeitigen Erkennen typischer Komplikationen, die mit der Erkrankung einhergehen. Zu den Verlaufsparametern zählen unter anderem das Blutbild, die Elektrolyte, der Quick-Wert, der Blutzucker und die arterielle Blutgasanalyse sowie Nierenwerte und Tumormarker.

Beratungsmaterialien/ Downloads

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