Zucker und Süßungsmittel – Rolle in der täglichen Ernährung

Zucker ist nicht gleich Zucker. Und darüber hinaus gibt es Zuckeralternativen wie Ahornsirup und Kokosblütenzucker oder Zuckerersatzstoffe wie Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe. Unterschiede gibt es hinsichtlich Süßkraft, Stoffwechselwirkung, Karies-Potenzial oder auch Mundgefühl und Verhalten im Lebensmittel.

Bei der Vielzahl an Verbindungen und Produkten ist eine genaue Zuordnung zu Zucker, Zuckerersatzstoff oder Süßungsmittel nicht immer einfach und eindeutig. Wir haben die wichtigsten Definitionen und Vertreter unter die Lupe genommen.

Zucker

In Lebensmitteln wird die Verwendung des Begriffs Zucker in Zutatenlisten und Nährwerttabellen auf Einfach- und Zweifachzucker bezogen. Neben den bekannten Zuckern Haushaltszucker, Trauben-, Milch- und Fruchtzucker gibt es eine Reihe weiterer Zucker. Einige davon kommen nur in wenigen natürlichen Lebensmitteln vor und weisen besondere Eigenschaften auf.

Haushaltszucker (Zucker)

Haushaltszucker (umgangssprachlich Zucker, Saccharose) ist ein Zweifachzucker und besteht zu gleichen Anteilen aus Fruktose (Fruchtzucker) und Glukose (Traubenzucker). Saccharose lässt den Blutzuckerspiegel stark ansteigen und besitzt eine Süßkraft von 100 (Referenz). Gewonnen wird das weiße Kristall aus Rüben- und Rohrzucker. In der Natur kommt der Zucker in kleinen Mengen noch in Früchten und einigen Gemüsesorten vor.

Der übermäßige Verzehr fördert die Entstehung von Übergewicht und Adipositas, Diabetes mellitus oder Fettstoffwechselstörungen. Zucker erhöht die Energiedichte von Lebensmitteln und kann zu einer positiven Energiebilanz führen.

Fruktose, Glukose

Die Einfachzucker Fruktose und Glukose kommen ebenso in Früchten und Gemüse vor. Fruktose lässt zwar den Blutzuckerspiegel nicht so stark ansteigen, kann bei hohem Verzehr aber Erkrankungen wie Fettleber und metabolisches Syndrom fördern.

Galaktose

Galaktose wird im Gegensatz zu den meisten Zuckergeschwistern Insulin-unabhängig aufgenommen. Er wird auch als „Gehirnzucker“ bezeichnet und wird vom ZNS effizient als Energiequelle genutzt.

Laktose und Maltose

Der Zweifachzucker Laktose (Milchzucker) ist in Milch bzw. Milchprodukten enthalten und besteht zu gleichen Anteilen aus Glukose und Galaktose. Maltose (Malzzucker), ein zusammengesetzter Zucker aus 2 Molekülen Glukose, lässt den Blutzuckerspiegel am stärksten ansteigen. Dieser entsteht vor allem beim Mälzen von Getreide.

Trehalose

Trehalose, ein Einfachzucker, kommt in der Natur in Pilzen und Pflanzen vor. Die Süßkraft ist geringer als die von Zucker. Trehalose steht derzeit in Verdacht, in größeren Mengen bakterielle Infektionen (Clostridien) im Darm zu fördern.

Psicose (Allulose)

Psicose ist in kleinen Mengen in Früchten enthalten. Der auch als Allulose bezeichnete Zweifachzucker liefert kaum Energie, da er vom Darm nur geringfügig aufgenommen wird. Allulose ist in der EU noch nicht zugelassen. Der seltene Zucker wird aktuell intensiv erforscht, da er vielversprechende Eigenschaften besitzt.

Tagatose

Der Einfachzucker Tagatose findet sich in kleinen Mengen in einigen Früchten sowie in verarbeiteten Milchprodukten. Wissenschaftliche Untersuchungen deuten auf eine präbiotische Wirkung des Zuckers, da er im Darm von den Darmbakterien fermentiert wird [Ber 2009]. Markant ist ebenso der niedrige glykämische Index. In Nährwerttabellen wird noch ein Energiegehalt von 400 kcal pro 100 Gramm angegeben. Studien deuten aber darauf hin, dass der Brennwert aufgrund des besonderen Stoffwechsels nur bei etwa 150 kcal pro 100 g liegen könnte (Link).

Isomaltulose

Der Zweifachzucker Isomaltulose ist natürlicher Bestandteil von Honig. Der Zucker ist nicht kariogen und dem Haushaltszucker in der Struktur sehr ähnlich. Süßkraft und glykämischer Index sind jedoch deutlich geringer.

Zuckersirups

Nicht zu vergessen ist die Herstellung sogenannter Zuckersirups wie Glukose-, Fruktose-, Glukose-Fruktose-Sirup oder Isoglukose. Diese verhalten sich im Stoffwechsel wie deren normale Zuckerpendants. Süßkraft, Stoffwechselwirkung und GI variieren in Abhängigkeit der Zusammensetzung des enthaltenen Zuckers.

Zur Erläuterung: Der glykämische Index (GI) ist ein Maß für den Blutzuckerspiegelanstieg eines Lebensmittels. Ein hoher GI (>70) führt zu einem starken, ein niedriger (<55) zu einem geringen Blutzuckeranstieg.

Zuckeralternativen

Die im Folgenden vorgestellten Zuckeralternativen liefern vergleichbar viel Energie wie Haushaltszucker. Je nach Zusammensetzung wirken sie sich jedoch unterschiedlich stark auf den Blutzuckerspiegel aus. Die Süßkraft ist meist ähnlich der von Haushaltszucker. Der Geschmack enthält mitunter das typische Aroma des Ausgangsrohstoffes.

Während die häufig angepriesenen gesundheitlichen Vorteile der Alternativen gegenüber gewöhnlichem Haushaltszucker wissenschaftlich nicht nachvollziehbar bzw. belegt sind, ist der ökologische Fußabdruck der exotischen Varianten (Kokosblütenzucker, Agavendicksaft, Ahornsirup etc.) meist höher.

Kristallzucker, Voll- und Rohrohrzucker

Gewonnen wird das weiße Kristall aus Rüben- und Rohrzucker. Voll- und Rohrohrzucker sind etwas weniger verarbeitet als Kristallzucker und haben deshalb eine bräunliche Farbe.

Honig

Honig wird von Bienen aus Blütenpflanzen produziert. Da der enthaltene Zucker mehrheitlich in Form der Einfachzucker Fruktose und Glukose vorliegt, ist die Süßkraft etwas höher. Honig besitzt mehr Antioxidantien als weißer Zucker.

Ahornsirup

In Kanada wird der Saft des Ahornbaumes zu Ahornsirup verarbeitet. Es gibt verschiedene Qualitätsstufen (AA, A, B, C und D) zu unterschiedlichen Preisen. Der enthaltene Zucker besteht zu 95 % aus Saccharose. Im Gegensatz zum Kristallzucker ist Ahornsirup reicher an Antioxidantien.

Agavendicksaft und Obstdicksäfte

Aus Mexiko wiederum stammt der aus der Agave gewonnene Agavendicksaft. Der enthaltene Zucker besteht zu über 90 % aus Fruktose, was zu einem deutlich geringeren glykämischen Index führt. Andere Obstdicksäfte werden aus den jeweiligen Obstsorten hergestellt und besitzen das für die Frucht typische Aroma.

Reissirup

Reissirup wird aus Reisstärke gewonnen und kann aufgrund der Zusammensetzung des enthaltenen Zuckers als Alternative bei Fruktosemalabsorption eingesetzt werden. Neben Glukose liegen Maltose und Oligosaccharide vor. Reissirup kann zudem Spuren von Arsen enthalten.

Kokosblütenzucker und andere Palmzucker

Aus verschiedenen Palmenarten können sogenannte Palmzucker produziert werden. Bekanntestes Beispiel ist der Kokosblütenzucker. In Süßkraft und Blutzuckerwirkung unterscheidet er sich kaum von Haushaltszucker.

Malzextrakte

Malzextrakte entstehen beim Mälzprozess verschiedener Getreidesorten oder Reis und werden auch auf diese Weise gewonnen. Der vorherrschende Zucker ist Maltose. Das bedingt eine geringere Süßkraft bei gleichzeitig höherem glykämischen Index von Haushaltszucker.

Zuckeraustauschstoffe

Die als Zusatzstoffe zugelassenen Zuckeralkohole liefern weniger Energie als Zucker und sind nicht kariogen. Nur für Sorbit existieren hierzu widersprüchliche Angaben. Da Zuckeraustauschstoffe in größeren Mengen konsumiert abführend wirken und Blähungen auslösen können, müssen Lebensmittel mit mehr als 10 % Zuckeralkoholen den Hinweis „kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken“ tragen. Die Zuckeralkohole gelten in Maßen (bis 20 g täglich) genossen als gesundheitlich unbedenklich. Es gibt keine festgelegten ADI-Werte (siehe weiter unten). In Bio-Lebensmitteln sind sie dennoch nicht zugelassen.

Sorbit (E 420)

Malzextrakte entstehen beim Mälzprozess verschiedener Getreidesorten oder Reis und werden auch auf diese Weise gewonnen. Der vorherrschende Zucker ist Maltose. Das bedingt eine geringere Süßkraft bei gleichzeitig höherem glykämischen Index.aum von Haushaltszucker.

Mannit (E 421)

Mannit ist natürlich in vielen Pflanzen und Algen enthalten. Technologisch wird der Zusatzstoff aus Mannose gewonnen.

Verwendung: energiereduzierte bzw. zuckerfreie Desserts, Speiseeis; energiereduzierte bzw. zuckerfreie Süßwaren und Kaugummi; Soßen; Senf; Nahrungsergänzungsmittel

Isomalt (E 953)

Isomalt wird aus Saccharose gewonnen und ist stabil gegenüber Hitze sowie Säuren.

Verwendung: energiereduzierte bzw. zuckerfreie Desserts, Speiseeis; energiereduzierte bzw. zuckerfreie Süßwaren und Kaugummi; Soßen; Senf; Nahrungsergänzungsmittel

Maltit (E 966)

Maltit wird aus Stärke, meist Maisstärke, hergestellt.

Verwendung: energiereduzierte bzw. zuckerfreie Desserts, Speiseeis; energiereduzierte bzw. zuckerfreie Süßwaren und Kaugummi; Soßen; Senf; Nahrungsergänzungsmittel

Lactit (E 966)

Lactit wird aus Laktose produziert.

Verwendung: energiereduzierte bzw. zuckerfreie Desserts, Speiseeis; energiereduzierte bzw. zuckerfreie Süßwaren und Kaugummi; energiereduzierte bzw. zuckerfreie Kuchen und Kekse; Soßen; Senf; Nahrungsergänzungsmittel

Xylit, Birkenzucker (E 967)

Xylit wird unter anderem aus Birkenholz (Xylose) gewonnen, ist leicht wasserlöslich und stabil gegen Hitze sowie Säuren. Es verhält sich in der Verarbeitung ähnlich wie Zucker und hat einen kühlenden Effekt auf der Zunge.

Verwendung: energiereduzierte bzw. zuckerfreie Desserts, Speiseeis; energiereduzierte bzw. zuckerfreie Süßwaren und Kaugummi; Soßen; Senf; Nahrungsergänzungsmittel

Erythrit (E 968)

Erythrit kommt in der Natur in geringen Mengen in Obst, Pilzen und fermentierten Lebensmitteln vor. Im menschlichen Körper wird es im Darm vollständig aufgenommen und über die Nieren ausgeschieden. Daher wirkt es nicht abführend. Erythrit liefert so gut wie keine Kalorien.

Verwendung: in vielen Lebensmitteln (Süßwaren, Milcherzeugnisse); nicht in Fruchtsaftgetränken

Süßstoffe

Vertreter

Süßstoffe sind Substanzen mit unterschiedlicher Struktur und einer vielfachen Süßkraft von Haushaltszucker. Sie liefern keine Energie, werden insulinunabhängig verstoffwechselt, sind nicht kariogen und auch sonst nebenwirkungsarm. In Bio-Lebensmitteln sind die künstlichen Süßen jedoch nicht zugelassen.

Azesulfam K (E 950)

Acesulfam-K (E 950) ist eine Verbindung aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Schwefel und Kalium. Es wird durch chemische Reaktion aus Abkömmlingen der Acetessigsäure hergestellt.

Verwendung: vor allem in zuckerreduzierten Lebensmitteln einzeln oder in Kombination mit Aspartam bzw. anderen Süßstoffen; Verwendung als Tafelsüße

Aspartam (E 951), Aspartam-Acesulfamsalz (E 962), Neotam (E 961); Advantam

Aspartam entsteht durch chemische Reaktion aus den Aminosäuren Asparaginsäure und Phenylalanin mit Methanol. Aspartam-Acesulfamsalz, Neotam und Advantam sind Abkömmlinge des Aspartams. Alle sind somit eine Phenylalaninquelle und bei Phenylketonurie (PKU) nicht geeignet.

Verwendung: vor allem in zuckerreduzierten Lebensmitteln einzeln oder in Kombination mit anderen Süßstoffen; Verwendung als Tafelsüße

Cyclamat (E 952)

Cyclamat (E 952) bezeichnet die Salze der Cyclohexylsulfaminsäure. In den USA ist E 952 seit 1969 verboten.

Verwendung: in energiereduzierten oder zuckerfreien Lebensmitteln; als Tafelsüße

Neohesperidin (E 959)

E 959 wird durch chemische Reaktion des in Grapefruits vorkommenden Flavonons Naringin gewonnen. Es hat einen mentholartigen Geschmack.

Verwendung: zusammen mit anderen Süßungsmitteln

Saccharin (E 954)

Saccharin entsteht durch chemische Reaktion aus Toluol oder Phthalsäure und weist einen metallisch bis bitteren Geschmack auf.

Verwendung: häufig zusammen mit Süßstoffen wie Aspartam und Cyclamat (verstärkt deren Wirkung)

Sucralose (E 955)

Sucralose wird durch chemische Umsetzung von Saccharose mit Chlorverbindungen gewonnen.

Verwendung: in vielen Lebensmittel, vor allem energiereduzierten und zuckerfreien Lebensmitteln

Steviolglycoside (E 960)

Steviolglycoside werden aus den Blättern des in Südamerika beheimateten Stevia-Krautes (Stevia rebaudiana) gewonnen. Es schmeckt bitter und hat einen an Lakritze erinnernden Nachgeschmack.

Verwendung: zumeist in Kombination mit anderen Süßstoffen oder Zuckern, vor allem in nicht-alkoholischen, aromatisierten Erfrischungsgetränken

Thaumatin (E 957)

E 957 ist ein Gemisch aus verschiedenen Eiweißen und wird mittels Extraktion aus den Samen des Süßholzbaumes hergestellt.

Verwendung: vor allem für energiereduzierte bzw. zuckerfreie Produkte

Ernährungstherapeutische Relevanz

Allgemeines: ADI-Wert

Süßstoffe stehen immer wieder in der öffentlichen Kritik, da in Tierversuchen vereinzelt schädliche Wirkungen beobachtet wurden. Zwar gibt es für die meisten Süßstoffe einen ADI-Wert, doch auch nach mehrfacher Prüfung wurden diese von der EFSA im Rahmen der erlaubten Aufnahme- bzw. Zusatzmengen als für den Menschen unbedenklich eingestuft.

Zur Erläuterung: Der ADI-Wert (acceptable daily intake) gibt die Menge (pro kg Körpergewicht) eines Stoffes an, die bei lebenslanger täglicher Aufnahme ohne gesundheitsschädliche Wirkungen bleibt.

Dies betrifft vor allem die folgenden Indikationen (wissenschaftliche Bewertung siehe Literatur in [Kni 2018]).

Verbraucher und PatientInnen stellen in Beratungen immer wieder die Frage, ob Süßstoffe Krebserkrankungen fördern. In wissenschaftlichen Untersuchungen konnte dies bislang nicht nachgewiesen werden. Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2019 zeigt einerseits, dass es fast nur Beobachtungsstudien zu dieser Fragestellung gibt und andererseits, dass in den berücksichtigten Studien kein Zusammenhang beobachtet werden konnte [Toe 2019]. Beobachtungsstudien sind sehr fehleranfällig und lassen viele Fragen offen, sodass meist keine klare Aussage getroffen werden kann.

Aufgrund der derzeitigen Datenlage ist jedoch davon auszugehen, dass ein großer Effekt eher unwahrscheinlich ist: Menschen, die mehr Süßstoffe verzehren, erkranken oder sterben nicht häufiger an Krebs [Medizin transparent 2020].

Für das Risiko von Zuckeraustauschstoffen auf Krebserkrankungen gibt es bislang keine aussagekräftigen Studien.

Adipositas und Übergewicht

Die häufig vermutete appetitsteigernde Wirkung von Süßstoffen konnte beim Menschen ebenfalls nicht eindeutig nachgewiesen werden. In einer Humanstudie von 2017 wurde lediglich festgestellt, dass sich die tägliche Energieaufnahme mit oder ohne Konsum von Süßstoffen (bzw. Lebensmitteln mit Süßstoff statt Zucker) nicht unterscheidet. Bislang ist nicht klar, ob Süßstoffe die im Dünndarm nachgewiesenen Sensoren für „süß“ aktivieren und damit metabolische Effekte (wie zum Beispiel einen Anstieg der Insulin- und Blutzuckerregulation) bewirken können. Dies zeigte sich zwar in einigen Tier-, bislang jedoch nicht in Humanstudien.

Aktuelle Reviews kommen zu dem Schluss, dass ein „maßvoller Verzehr“ von künstlichen Süßungsmitteln vermutlich keine Auswirkungen auf das Darmmikrobiom hat, wenngleich Saccharin, Sucralose und Stevia die Zusammensetzung der Darmflora durchaus verändern können [Lob 2019] [Rui 2019].

Ungeachtet dessen konnte in in vitro-Studien gezeigt werden, dass Saccharin, Sucralose und Aspartam bestimmte Darmbakterien wie Escherichia coli und Enterococcus faecali dazu bringen können, die Darmwand zu durchdringen und sich in Leber, Milz oder Nieren anzureichern. Das kann ForscherInnen zufolge im schlimmsten Fall Infektionen, Sepsis oder auch Multiorganversagen begünstigen. Die Effekte traten dabei bereits nach Konzentrationen auf, die 2 Dosen Limonade täglich entsprechen [Shi 2021].

Auch resultierte der Verzehr von Süßungsmitteln in einem Ungleichgewicht des Darmmikrobioms und führte zu Beeinträchtigungen des Glukosestoffwechsels [Sue 2014]. Die Ergebnisse stammen aus Tierversuchen, die sich nicht ohne Weiteres auf den Menschen übertragen lassen. Zudem traten die Beeinträchtigungen erst bei sehr hohen Süßstoffmengen auf. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft resümierte daraufhin, dass Süßstoff zumindest unseren Stoffwechsel über Darmbakterien beeinflussen kann [DDG 2014].

Praktische Empfehlungen

Praktische Empfehlungen

Die Übersicht an verschiedenen Zuckern und Zuckeralternativen sowie Zuckeraustauschstoffen und Süßstoffen macht deutlich: die Auswahl ist groß; die Übersicht zu behalten eine Herausforderung.

Je nach Ernährungsstrategie werden einzelne Substanzen immer wieder empfohlen oder verteufelt. Vor allem Süßstoffe werden aufgrund ihres künstlichen Charakters und einzelnen gesundheitsschädlichen Beobachtungen aus Tierversuchen häufig abgelehnt. Die Hersteller hingegen betonen immer wieder, dass ihre Produkte sicher sind und alle Sicherheitstests wiederholt bestanden haben.

Zuckeraustauschstoffe hingegen können Zucker nicht in größeren Mengen ersetzen, da diese abführend wirken. Die vorgestellten Zuckeralternativen wie Agavendicksaft oder Kokosblütenzucker haben gegenüber Zucker wiederum nur marginale Vorteile.

In Anbetracht der Tatsache, dass nicht der Zuckerverzehr allein problematisch ist, lassen sich verallgemeinernde Aussagen zur Wahl des richtigen Süßungsmitteln oder der empfohlenen Menge nur schwerlich treffen.

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigten indes, dass der Konsum süß schmeckender Lebensmittel und damit die wiederholte Exposition für einen Geschmack dazu führt, dass man diesen immer mehr präferiert. Daher lässt sich sagen:

Die generelle verminderte Zufuhr süßer Lebensmittel und Getränke – egal ob mit Zucker oder Süßungsmitteln gesüßt – ist immer erstrebenswerter als der vermeintlich gesündere Ersatz von Zucker.

Das hat gleich mehrere Vorteile:

  1. Weniger Zucker heißt oft auch weniger Lebensmittel mit geringerer Nährstoffdichte, dafür aber einer hohen Energiedichte.
  2. Weniger gesüßte Lebensmittel halten den Süßhunger besser im Zaum.
  3. Weniger Süßungsmittel in Produkten heißt oft auch weniger hoch verarbeitete Produkte.
  4. Wer Wasser trinkt, trinkt Brainfood.
  5. Ungesüßte Lebensmittel und Getränke erlauben eine bessere Kalorienkontrolle.
  6. Weniger Zucker dämpft den Heißhunger und macht Platz für besser sättigende Mahlzeiten.

Allgemeingültige Verzehrempfehlungen

Nichtsdestotrotz gibt es einige allgemeingültige Verzehrsempfehlungen, die für eine objektive Bewertung herangezogen werden können.

Zucker

  • maximal 10 Energie-% bei ausreichender Bewegung und ausgeglichener (Normalgewicht halten) oder negativer (Gewichtsreduktion) Energiebilanz
  • die WHO hält weniger als 5 Energie-% an freien Zuckern für ideal

Zuckeralternativen

  • maximal 10 Energie-% bei ausreichender Bewegung und ausgeglichener (Normalgewicht halten) oder negativer (Gewichtsreduktion) Energiebilanz
  • die WHO hält weniger als 5 Energie-% an freien Zuckern für ideal

Zuckeraustauschstoffe

  • max. 20 g pro Tag, wenn die Lebensmittelauswahl insgesamt abwechslungsreich gestaltet wird, damit die Süßpräferenz nicht erhalten/verstärkt wird

Süßstoffe

  • als Strategie bei einer gewünschten Gewichtsreduktion, wenn
    • der geringere Kalorienverzehr nicht kompensiert wird und
    • die Lebensmittelauswahl insgesamt abwechslungsreich gestaltet wird, damit die Süßpräferenz nicht erhalten/verstärkt wird
  • aber: keine alleinige Strategie, sondern eingebettet in Gesamtkonzept unter regelmäßiger Kontrolle einer Fachkraft

Inwieweit sich Wahl und Menge eines Süßungsmittels positiv auf die Ernährungsqualität und damit die Gesundheit auswirken, ist individuell unterschiedlich und liegt im persönlichen Ermessen des Konsumenten bzw. seinen Erfahrungen.

Spezial: Isoglukose

Grundlagen

Fall der Quotenregelung

Am 1. Oktober 2017 fiel die Quotenregelung für Zucker. Mindestpreis und Exportbeschränkungen für Rübenzucker sowie der begrenzte Einsatz von Isoglukose aus Mais, Getreide oder Kartoffeln in Lebensmitteln gehören nun der Vergangenheit an. Medien und Experten schlagen daher Alarm: Isoglukose erhöhe das Risiko für Übergewicht, Diabetes und Fettleber stärker als normaler Haushaltszucker. Die Verbraucherorganisation Foodwatch rechnet indes mit noch größeren Zuckermengen in unseren Lebensmitteln. Wir haben uns den Industriezucker und die davon ausgehende Gefahr mal näher angeschaut.

Chemie und Eigenschaften

Isoglukose ist ein Sammelbegriff für Zucker aus Mais, Weizen oder Kartoffeln. Hierunter fallen Glukose-Fruktose-Sirupe und Fruktose-Glukose-Sirupe. Ist Mais der Ausgangsrohstoff, wird auch von Corn Sirup, Maissirup oder HFCS gesprochen. Allen Begrifflichkeiten ist eines gemeinsam: es handelt sich um Zucker mit verschiedenen Anteilen an Glukose (Traubenzucker) und Fruktose (Fruchtzucker). Auch Haushaltszucker besteht aus diesen beiden Zuckern. Es gibt aber zwei wesentliche Unterschiede:

  • Während die beiden Zucker im Haushaltszucker als Zweifachzucker vorliegen, also miteinander verknüpft sind, liegen diese in der Isoglukose als Einfachzucker, also getrennt voneinander, vor.
  • Im Haushaltszucker entfallen 50 % auf Glukose und 50 % auf Fruktose. In der Isoglukose können beide Zucker in unterschiedlichen Verhältnissen zueinander vorliegen, von denen sich auch der genaue Begriff ableitet (siehe Tabelle). Das Verhältnis der Zucker zueinander lässt sich im Herstellungsprozess gezielt steuern.

Herstellung

Gewöhnlicher Zucker wird bei uns aus Zuckerrüben hergestellt. Allein die Aufbereitung der Rüben benötigt zwei Tage. Isoglukose hingegen wird aus der Stärke von Getreide, Mais oder Kartoffeln gewonnen – und das wesentlich schneller. In den USA und Mexiko dominiert bereits Mais als Ausgangsrohstoff für Stärke. Die Herstellung erfolgt in drei wesentlichen Schritten.

Dem Ausgangsrohstoff werden zuerst Enzyme zugesetzt, die die enthaltene Stärke in ihre Einzelbausteine zerlegt. Als Zwischenprodukt entsteht Glukose. Fruktose aber hat eine deutlich höhere Süßkraft. Je nach Anteil der Fruktose im Endprodukt sind geringere Mengen nötig, um die gleiche Süße im Lebensmittel zu erzeugen oder aber das Lebensmittel schmeckt zukünftig mit der gleichen Menge Zucker noch süßer. Daher wird Glukose mithilfe von weiteren Enzymen zu einem Teil in Fruktose umgewandelt.

Verwendung

Der europäische Stärkeverband Starch Europe schätzt, dass die Produktion von Isoglukose in den kommenden Jahren schrittweise ansteigt. Auch die EU-Kommission geht davon aus, dass Haushaltszucker in Lebensmitteln mehr und mehr durch Isoglukose ersetzt wird. Die Rede ist dabei von Süßwaren, Getränken, Fruchtaufstrichen, Backwaren, Getreide- und Milchprodukten, Feinkostprodukten sowie Obst- und Gemüsekonserven, die zusammen einen beachtlichen Anteil unseres Lebensmittelangebotes ausmachen.

Ernährungstherapeutische Relevanz

Meinungsmache versus Wissenschaft

In den Medien ist Isoglukose der neue Krankmacher unter den Zuckern. So oder so ähnlich titeln Focus, taz oder Welt. Aber worauf beruhen die Argumente, da doch das Max-Rubner-Institut (MRI) in einer eigenen Untersuchung kein zusätzliches Risiko feststellen konnte?

Die Ergebnisse des Max-Rubner-Instituts sind erst einmal nachvollziehbar und richtig. Die Hauptaussage ist nämlich, dass von Isoglukose im Vergleich zum Haushaltszucker kein höheres gesundheitliches Risiko ausgeht. Das MRI bezog sich in seiner Untersuchung auf Isoglukose mit einem nahezu gleichen Verhältnis an Fruktose und Glukose. Somit ließen sich in Wirkungsweise und Verarbeitung dieser Substanz im Körper kaum Unterschiede zum Haushaltszucker erkennen. Was hingegen fehlt, sind Tests zu Isoglukose mit einem höheren Anteil an Fruktose. Denn Experten warnen, dass gerade der Fruchtzucker die Leber schneller verfetten [Iba2017], die Triglyzeride sowie das LDL-Cholesterin im Blut [Sta2015] und damit das langfristige Risiko für Adipositas, Diabetes und Koronare Herzerkrankungen ansteigen lässt.

Einflussfaktoren

Inwiefern tatsächlich eine gesundheitliche Gefahr von einem Inhaltsstoff oder einer Zutat ausgeht, ergibt sich immer aus mehreren Faktoren. Neben der physiologischen Wirkung spielen auch Einflüsse auf Geschmack und Süßpräferenz, Hunger-Sättigungs-Regulation sowie die Wechselwirkung mit dem Lebensstil insgesamt eine Rolle. Während ein Gift unabhängig vom Lebensstil per se schädlich ist, besteht bei einigen Inhaltsstoffen vor allem dann ein Risiko, wenn der Konsum auf weitere, bestimmte Verhaltensweisen trifft. So ist es auch im Fall Isoglukose.

Zu wenig Bewegung in Kombination mit vielen Kohlenhydraten und Süßigkeiten, womöglich noch Erfrischungsgetränken und fettreichen Speisen schlechter Fettqualität potenzieren das Risiko für Übergewicht und Adipositas; für Fettleber, Karies und Herzinfarkt sowie Schlaganfällen. Bereits nur einer der genannten Faktoren erhöht das gesundheitliche Risiko. Das hängt maßgeblich auch mit der Verstoffwechselung von Fruktose im Körper zusammen, die von Industriekreisen bis heute nicht ausreichend berücksichtigt geschweige denn akzeptiert wird.

Ein weiterer Aspekt, der in das Gesamtrisiko hineinspielt, ist die Geschmacksprägung. Umso höher der Anteil an Fruktose in einem Produkt ist, umso höher ist dessen Süßkraft. Eine höhere Süßkraft steigert wiederum die Süßpräferenz der Konsumenten und setzt die Süßempfindlichkeit herab. Es ist also möglich, dass der Konsument zunehmend süßere Lebensmittel wählt, um die gleiche geschmackliche Befriedigung zu bekommen. Erschwerend kommt hinzu, dass Fruktose im Vergleich zur Glukose ein geringeres Sättigungsgefühl erzeugt [Wöl2015]. Auch das ist ein Punkt, den das MRI zwar in der eigenen Untersuchung berücksichtigte, aber eben nur für Isoglukose mit jeweils gleichen Anteilen an Glukose und Fruktose.

Gesamtrisiko

Bislang wird Isoglukose mit einem hohen Anteil an Fruktose in Lebensmitteln kaum eingesetzt (Tabelle nach VGMS und Starch Europe).

BezeichnungZusammensetzungVerwendung USAVerwendung Deutschland
Glukose-Fruktose-Sirup8-30 % Fruktosekaum verwendetvorwiegend verwendet
Glukose-Fruktose-Sirup – Isoglukose 4242 % Fruktose (53 % Glukose, 5 % Maltose)vorwiegend verwendetkaum verwendet
Fruktose-Glukose-Sirup – Isoglukose 5555 % Fruktose

 

(41 % Glukose, 4 % Maltose)

kaum verwendetbislang keine Produktion und Verwendung
Fruktose-Glukose-Sirup – Isoglukose 9090 % Fruktose (5 % Glukose, 5 % Maltose)keine Statistikkeine Produktion und Verwendung

Ob das so bleibt, lässt sich nicht hervorsagen. Sehr wahrscheinlich steigt die Verwendung von Isoglukose in Lebensmitteln an. Welche Mengen und Verhältnisse hier zum Einsatz kommen, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen. Auf dem zukünftigen Etikett auf der Lebensmittelverpackung ist zumindest nur erkennbar, ob anteilig mehr Fruktose (Fruktose-Glukose-Sirup) oder mehr Glukose (Glukose-Fruktose-Sirup) enthalten ist – nicht aber in welcher Höhe genau.

Zusammenfassung

Kernbotschaften

  • Isoglukose wird aus Mais- oder Weizenstärke hergestellt und besteht aus den beiden Einfachzuckern Glukose und Fruktose.
  • Das Verhältnis der beiden Einfachzucker zueinander kann im Herstellungsprozess gezielt gesteuert werden. Der Anteil von Fruktose kann bis zu 90 % betragen. Umso höher der Anteil ist, umso höher ist die Süßkraft.
  • Umso höher die Süßkraft ist, umso stärker wird die Süßpräferenz. Diese kann das Verlangen nach mehr Süßem oder stärker Süßerem fördern, wodurch die Gesamtaufnahme an Zucker und Fruktose steigt.
  • Steigt der Konsum an Zucker, steigt das gesundheitliche Risiko unter anderem für Diabetes, Bluthochdruck, Übergewicht und Fettleber.
  • Verschiedene Lebensstil-Verhaltensweisen wie wenig Bewegung, großen Mengen an Kohlenhydraten, Erfrischungsgetränken und fettreichen Lebensmitteln schlechter Fettqualität potenzieren das Risiko!

Relevanz für die Praxis

Noch können wir nicht vorhersagen, inwiefern der Anteil an Isoglukose in Lebensmitteln steigt. Das wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen. Wer naturbelassene Lebensmittel bevorzugt, braucht keine komplizierten Etiketten zu studieren und ist nur einem geringen Risiko ausgesetzt, zu viel Isoglukose aufzunehmen. Und: Wer sich viel bewegt, abwechslungsreich isst, auf Erfrischungsgetränke und raffinierte Kohlenhydrate weitestgehend verzichtet und Alkohol in Maßen genießt, reduziert das potenzielle Risiko zusätzlich. Und: Wer insgesamt zuckerarm isst, entwickelt ein natürlicheres Geschmacksempfinden. Süße Produkte mit Isoglukose in der Zutatenliste sind meist sehr süß und schmecken häufig künstlich.

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